Staatsbesuche per Linienflug: Ungeduscht und mit Jetlag

Flugzeuge der deutschen Regierung haben immer wieder Pannen. Ob der Umstieg auf die Linie etwas bringen würde? Unser Autor zweifelt daran.

Animation eines Flugzeugs über einer Karte der Vereinigten Arabischen Emirate

Monitor im Regierungsflieger Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Das ist wirklich kein gutes Gefühl: Ich sitze auf Platz 31 K im Airbus 340-300, von dem ich noch nicht weiß, dass er bald zur Ausmusterung muss. Um mich dröhnen die Turbinen, unter mir liegt dieses Land, das nur aus Sand, Stein, Wolkenkratzern, 44 Grad heißer Dampfsauna, Arbeitssklaven und Gasbohrinseln zu bestehen scheint. Vor mir liegt ein Trip ans andere Ende der Welt, voller spannender Geschichten, interessanter Erlebnisse, eindrücklicher Begegnungen. Und die Bundesluftwaffe bekommt ihren Regierungsflieger über Abu Dhabi einfach nicht hoch.

Man könnte frustriert sein, wenn man die Außenministerin auf dieser Reise nach Australien, Neuseeland und Fidschi begleiten wollte. Aber wer wird denn in die Luft gehen? Zum Glück gibt es ja zu Hause in Deutschland kluge Leute, die nach dem Abbruch des Trips sofort eine Lösung anzubieten haben: Schafft die Flugbereitschaft, die immer mal nicht flugbereit ist, ab, sagen sie. Einfach mit einer Linienmaschine fliegen! Besser, billiger, effektiver, klimafreundlicher. Dass wir da nicht von allein draufgekommen sind.

Denn: Linienflüge sind ja nie verspätet und fallen nie aus. Man hat noch nie gehört, dass an der Abfertigung gestreikt wird oder die Sicherheitsschleuse mal so langsam macht, dass der Flug ohne uns losgeht. Auch habe ich noch nie davon gelesen, dass Ferienflieger umdrehen müssen oder nicht starten können, weil an ihnen irgendwas kaputt ist. Die Notlandungen, Strandungen, Ausfälle und Wutanfälle, die ich als Gelegenheitsflieger in diesem Job bei Billigfliegern und Teuerfliegern über die Jahre gesammelt habe – alles Ausnahmen von der Regel.

Also: Die Flugbereitschaft abschaffen – prima Idee. Das wäre auch ein demokratischer Schritt, ein Abbau von Privilegien für diese (nicht) abgehobene Klasse aus PolitikerInnen, JournalistInnen, BeraterInnen, ExpertInnen, BeamtInnen und LobbyistInnen, die sich auf Staatsgeld in den Airbus-Sitzen breitmachen. Moment, die fliegen gar nicht umsonst, sondern müssen die Kosten tragen? Und nur weil es per Flugbereitschaft pro Passagier billiger ist als per Linie, können sich manche ärmere Medien und Nichtregierungsorganisationen eine solche Begleitung leisten?

Wo ist dein Visum?

Egal. Es sollte ohnehin Schluss sein mit dieser Medienbegleitung. Auch Regierungshandeln hat eine Privatsphäre, die wir Journalisten achten sollten. Man muss nicht alles wissen. Auch WLAN, ohne dass ihm der Nachbar in den Regierungs-Laptop schaut, ein Bett zum Schlafen oder eine Dusche braucht ein Minister oder Kanzler nicht wirklich. Es wäre doch menschlich, wenn man ihnen den Jetlag mal ansähe. Ein Powernap im G20-Kreis wirkt doch cool.

Nein, nein, das wäre schon besser, so ohne Regierungsflieger. Endlich würden diese Politheinis mal lernen, wie das Leben beim fliegenden Fußvolk so aussieht. Und es würde das Leben von MinisterInnen ja auch total entschleunigen! Mal eben schnell nach Washington, weil es brennt? Moooment, Freundchen, wo ist dein Visum? Und die Frau Außenministerin bitte hier an der Warteschlange anstellen, die Schuhe ausziehen, die Taschen ausleeren, bitte mal zum Abtasten, während die Nachbarn mit dem Handy filmen.

Im Flugzeug dann zwar in der Ersten Klasse verschwinden und Chicken or Beef vom Silberbesteck essen – aber wenn nach drei Stunden Flug das Kleinkind auf Platz 67 C Atemnot bekommt, dann müssen wir leider in Island notlanden, Frau Ministerin. Tja, da muss der Nato-Gipfel dann eben mal warten. So wichtig wird es schon nicht sein.

Also, verschrottet die Regierungsflieger! Schon aus Klimaschutzgründen. Die machen zwar nur einen Promilleanteil des deutschen Klimafrevels am Himmel aus, aber heutzutage zählt ja jedes Mikrogramm CO2. Da muss dann die COP im Zweifel mal auf die deutschen Klimaschützer verzichten, wenn die Busfahrer am Terminal 3 bummelstreiken. Der Finanzminister könnte noch seinen Haushalt sanieren, weil das Bundeskabinett Flugmeilen sammelt und für 9 Euro Teneriffa bucht. Und auch der Kanzler wäre begeistert: Endlich blieben mal alle ­MinisterInnen auf Linie.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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