Anklage wegen „verhetzender Beleidigung“: Geldstrafe für Antisemitin

Eine 73-Jährige hat die Intendantin der Staatsoper Hannover antisemitisch beleidigt. Jetzt muss sie 1.200 Euro zahlen.

Bild zeigt das Opernhaus in Hannover

Beschimpfungen per E-Mail – Heidemarie M. ist wohl nicht nur mit dem Opernprogramm unzufrieden Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Die 73-jährige Heidemarie M. nutzte das Kontaktformular der Staatsoper Hannover, um ihre Hasstirade loszuwerden. In einer langen E-Mail schimpfte sie im November 2022 erst über die Qualität des Programms – um dann der Intendantin Laura Berman die Schuld daran zu geben und dies mit deren jüdischer Herkunft in Verbindung zu bringen. Berman erstattete nach Rücksprache mit ihrem Team Anzeige.

Das Amtsgericht Hannover zitiert die Angeklagte in seiner Pressemitteilung zum Verfahren nur auszugsweise, aber das reicht schon, um sich ein Bild der Tonart zu machen: Hitler sei „zu human zu Leuten dieser Sorte gewesen“, steht da, es handele sich um „ekelhaftes und krankes und menschenverachtendes Gesindel, was menschlicher Sondermüll ist und entsorgt gehört“.

Dafür kassierte die 73-Jährige einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 40 Euro, insgesamt also 1.200 Euro wegen „verhetzender Beleidigung“. Gegen den legte Heidemarie M. zunächst Widerspruch ein. Fast wäre es deshalb am Donnerstag zu einer öffentlichen Verhandlung gekommen. Doch kurz vor dem Termin zieht sie zurück, der Strafbefehl wird rechtskräftig.

Der Straftatbestand der „verhetzenden Beleidigung“ ist relativ neu, der Paragraf 192a des Strafgesetzbuches gilt erst seit September 2021. Er sollte eine Lücke schließen, die daraus entstand, dass der Vorwurf der Volksverhetzung oft nicht greift, wenn Herabwürdigungen dieser Art persönlich oder nur im kleinen Kreis geäußert werden. Volksverhetzung setzt nämlich eine Störung des öffentlichen Friedens voraus.

Ein bitterer Beigeschmack bleibt

Ein Bestrafung als persönliche Beleidigung hat andere Hürden: Sie setzt zum Beispiel eine persönliche Betroffenheit (nicht bloß als Teil einer ­abstrakten Gruppe) und eine rasche Anzeige voraus. Außerdem liegt gerade bei Personen des öffentlichen Lebens die Messlatte dessen, was als zulässige Meinungsäußerung durchgeht, bei einigen Gerichten sehr hoch.

Für Berman gab es schnell Solidaritätsbekundungen aus der Stadt. Aber ein bitterer Beigeschmack bleibt: Erst die Hundekot-Affäre um Ballettchef Goecke und nun dies – Berman wäre sicher lieber mit künstlerischen Leistungen im Gedächtnis geblieben. Ihr Vertrag endet 2025, vorzeitig und auf eigenen Wunsch. Mit diesen hässlichen Dramen soll das aber nichts zu tun haben.

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