Wochenzeitung Kontext: Bäh! Ein Polizist und das P-Wort

Die „Bild“ benutzt das P-Wort für einen Polizisten, der vor Gericht stand. Der „Kontext“ auch. Untersagt wird es aber nur der kleineren Wochenzeitung.

Fahne der Bildzeitung an einem Kiosk.

Streit um das P-Wort Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Wie lautet die Bezeichnung für einen ziemlich hohen Polizeibeamten, der anderen Menschen Nacktfotos und Bilder seines Gemächts zusendet? „Penis-Polizist“ natürlich, schreibt die Bild-Zeitung. Sie darf das. Denn Bild hat schließlich ’nen ganzen Schrank voller Pokale in Sachen schlichter Alliteration. Außerdem war da ja mal was mit einem Bild-Chefredakteur, der seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem P-Word (und der taz) bei seinem Penis-Prozess gemacht hat.

Ganz anders läuft das, wenn ein schwäbisches Wochenzeitungsle und nicht die überregionale Skandalnudel made by Axelspringer den früheren Baden-Württemberg’schen Inspekteur der Polizei Andreas Renner so nennt. Die Stuttgarter Online- und Wochenzeitung Kontext hat aktuell eine Presserechtsklage von Renner am Hals. Zwar hat Bild Renner viel häufiger so bezeichnet, doch Kontext wurde die Verwendung des Begriffs untersagt.

Wie billig, mal wieder die Kleinen hinzuhängen. Was Renner vermutlich nervt und peinlich ist, ist, dass sie sich natürlich alle kennen und lieben im schwäbischen Sumpf. Kontext einfach näher dran ist und alles in den äh – Kontext setzt. Wenn Bild bollerig rum­skandalisiert, lässt sich das angeekelt weglächeln, schließlich ist Bild bäh. Mit den Kontext-Jour­na­lis­t*in­nen funktioniert das nicht.

Disclaimer: Die taz ist hier natürlich Partei, schließlich ist Springer unser Lieblingsfeind und Kontext so was wie unsere schwäbische Schwester (Alliteration beabsichtigt). Hintergrund der ganzen Sache waren aber nicht die Flic-Dick-Pics. Renner musste sich vor Gericht wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung verantworten.

Eine „verkorkste Lage“

Mitte Juli sprach ihn das Landgericht Stuttgart frei, da für die Rich­te­r*in­nen die Sache nicht aufzuklären war. Es sei möglich, dass Andreas Renner eine ihm untergebene Kriminalbeamtin genötigt habe, aber es sei nicht zu beweisen, sagt damals der Vorsitzende Richter Volker Peterke. Und fügte hinzu, dass sich der ranghohe Beamte selbst in diese „verkorkste Lage gebracht“ habe. Das so was in der Zeitung steht, ist absolut korrekt. Alles andere wäre unterlassene Berichterstattung.

Dass der nun ranglose Beamte sich lieber an der kleinen als an der großen Zeitung abarbeitet, um sein Gesicht zu wahren, passt ins Bild. Renners Karriere ist jedenfalls im Arsch. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat wenige Tage nach Renners Freispruch zweiter Klasse nach dem Motto „Augen zu, Problem weg“ das Amt des Polizei-Inspekteurs einfach mal abgeschafft.

Bleibt zu hoffen, dass Strobl auch üppig in den Soli-Fonds einzahlt, mit dem Kontext die anstehende Berufung gegen das Urteil der Pressekammer finanzieren will. Das Honorar für diese Kolumne ist jedenfalls schon mal drin. „Und Bild kriegt auch ’nen Soli-Pokal, wenn sie die schwäbische Schwester unterstützen“, sagt die Mitbewohnerin.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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