Londons Polizeiberater in der Kritik: Befreiung vom „Dreck der Juden“

Die britische Regierung wirft der Londoner Polizei vor, „Hassmärsche“ hinzunehmen. Die Tauglichkeit zweier Berater steht infrage.

ein mit einem Palästinensertuch vermummter Mann hält einem Polizisten, eine Palästinaflagge entgegen

Demonstrant verspottet während der Palästina-Demonstration in London am 4.11. einen Polizisten Foto: Vuk Valcic/SOPA/imago

LONDON taz | Aufrufe für die Freiheit Palästinas „vom Fluss bis zum Meer“ werden von vielen als Forderung nach der Ausradierung Israels verstanden. Sie waren auch am Samstag bei Großdemonstrationen in Großbritannien zu hören, unter anderem in London, Manchester und Glasgow, ebenso wie Rufe und Banner, die Israel Genozid vorwarfen.

Am Londoner Trafalgar Square wurden Bilder von toten Kindern in Gaza ausgelegt, mit Kunstblut beschmierte weiße Stoffbündel sollten Kinderleichen darstellen. Der Bahnhof Charing Cross in der Nähe wurde besetzt. Bei den Demonstrationen kam es zu 29 Festnahmen wegen Volksverhetzung und rassistischer Vergehen, Gewalt und Angriffen auf die Polizei.

Auch für nächsten Samstag, den 11. November, sind in London propalästinensische Demonstrationen geplant. Am gleichen Tag zelebriert das Vereinigte Königreich den traditionellen Gedenktag für all seine Kriegstoten, eingerichtet nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, es wird wie immer Paraden entlang der zentralen Straße Whitehall im Regierungsviertel geben, wo das zentrale Kriegerdenkmal „Cenotaph“ steht.

Wegen Bedenken über ein mögliches Aufeinandertreffen mit Palästina-De­mons­tran­t:in­nen hat die Regierung nun Gespräche mit der „Palestine Solidarity Campaign“ geführt, und deren Marschroute soll nun doch nicht durch White­hall gehen, sondern von Hyde Park zur US-Botschaft führen.

Innenministerin Suella Braverman warnte, dass man gegen Versuche, das Denkmal zu schänden, hart vorgehen würde. Sie hatte wiederholt ein schärferes Eingreifen von der Londoner Polizei gegen die propalästinensischen Proteste gefordert, die sie als Hass-Märsche bezeichnete. Nach den ersten Protesten schien die Polizei trotz provokativer Aussagen und Banner manchmal nicht einzuschreiten und verwies als Begründung auf Prüfung durch ihr Überwachungsbüro.

„From the River to the Sea“

Laut Recherchen der britischen Zeitung Sunday Telegraph saß in der Überwachungszentrale der Polizei dabei auch ein Berater, der selber noch vor zwei Jahren einen Protest mit den Worten „From the River to the Sea“ leitete und eine Rede gegen die angeblich „globale Zensur der Zionisten“ gegeben hatte. Bei dem Berater soll es sich um den Rechtsanwalt Attiq Malik handeln.

Malik hat sich in der Vergangenheit gegen das Regierungsprogramm gegen die Radikalisierung Jugendlicher ausgesprochen und ist ein ehemaliger regionaler Vorsitzender der linken Momentum-Bewegung in der Labour-Partei. Zu seinen weiteren Aufgaben gehört generelle strategische Beratung der Londoner Polizei.

Lob für den Hamas-Gründer als „Lehrer“

Ein weiterer Berater in einem Gremium, das Londons Polizei zu Fragen von Hasskriminalität berät, soll Mohammed Kozbar sein, stellvertretender Generalsekretär des Dachverbandes „Muslim Council of Britain“. Bereits nach seiner Ernennung im März 2023 hatte die jüdische Wochenzeitung Jewish Chronicle dessen Tauglichkeit für den Posten hinterfragt.

Kozbar hat in der Vergangenheit aus dem antisemitischen Werk „Protokolle der Weisen von Zion“ zitiert und zur Befreiung der Al-Aksa-Moschee vom „Dreck der Juden“ aufgerufen sowie öffentlich das Ende Israels erhofft.

Bei einem Besuch des Grabes des Hamas-Gründers Scheich Ahmed Yassin im Jahr 2015 beschrieb Kozbar diesen als „Meister der Widerstandsmärtyrer, Mujahedeen-Scheich und Lehrer“. Mohammad Kozbar ist außerdem Vorsitzender der Moschee Finsbury Park, wo einst der radikale islamistische Prediger Abu Hamza tätig war.

Die Polizei bestätigte der taz auf Anfrage, dass die Zusammenstellung ihrer Beratergremien nun einer dringlichen Überprüfung unterliegt.

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