Jugendaustausch mit Israel: Programme vorerst gestoppt

Israel ist für Schü­le­r:in­nen und junge Menschen ein beliebtes Ziel. Trotz der Lage vor Ort sagen Fachleute: Die Programme sind krisenfest.

Ein aufgeplappter Koffer liegt auf dem Boden, der Inhalt ist verstreut

Nach dem Angriff der Hamas liegt ein Koffer auf dem Gelände des Nova-Festivals Foto: Ronen Zvulun/reuters

BERLIN taz | Der Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel ist auch eine Zäsur für den Jugendaustausch zwischen Israel und Deutschland. In den vergangenen Jahren, insbesondere vor der Coronapandemie, war Israel ein beliebtes Zielland für junge Menschen aus Deutschland. Vor allem für diejenigen, die für einen Schüleraustausch und Begegnungsreisen oder als Freiwilligendienstleistende ins Ausland gingen. Im Gegenzug kamen viele junge Israelis nach Deutschland.

Fachleute schätzen, dass bis 2019 jährlich mindestens 10.000 junge Menschen aus den beiden Ländern Austauschreisen unternommen haben. Der Großteil davon waren Teil­neh­me­r*in­nen von außerschulischen Jugendbegegnungen: Etwa 7.000 Personen – rund die Hälfte aus Deutschland, die andere aus Israel – im Alter von 14 bis 27 Jahren haben jedes Jahr an Programmen teilgenommen, die vom „Koordinierungszentrum deutsch-israelischer Jugendaustausch“ (ConAct) im Auftrag des Bundesfamilienministeriums gefördert wurden.

Hinzu kommen Kooperationen zwischen deutschen und israelischen Schulen. Der Pä­dagogische Austauschdienst (PAD) förderte über sein Programm „Schulpartnerschaften mit Israel“ vor Corona jährlich etwa 65 Schulen aus Israel, die ihre Partnerschulen in Deutschland besuchten. Daran nahmen im Schnitt rund 1.100 israelische Schü­le­r*in­nen teil. Weil diese Besuche auf Gegenseitigkeit beruhen, dürften etwa ebenso viele Schü­le­r*in­nen pro Jahr aus Deutschland nach Israel gereist sein.

Reisewarnung für Israel und Palästinensergebiete

Damit zählt Israel beim Schüleraustausch zu den beliebtesten Zielländern außerhalb Europas: Nur zwischen den USA und Deutschland finden mehr vom Auswärtigen Amt geförderte Austauschreisen statt. Für ein so kleines Land wie Israel ist das eine beachtliche Zahl – sie zeigt zudem, dass Deutschland unter israelischen Schü­le­r*in­nen hoch im Kurs steht.

Seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober sind die Begegnungen, die sich gerade erst von den Pandemiejahren erholten, zum Erliegen gekommen. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für Israel und die palästinensischen Gebiete herausgeben; das israelische Bildungsministerium hat alle Auslandsreisen von Schülergruppen bis auf Weiteres ausgesetzt.

Wie es nun weitergeht, hängt von den politischen Entwicklungen ab. Allerdings habe sich der deutsch-israelische Jugendaustausch in der Vergangenheit als „ziemlich krisenfest“ erwiesen, sagt Christine Mähler, Leiterin von ConAct. Auch Simon Dirksen, der die PAD-Schulpartnerschaften mit Israel koordiniert, gibt sich verhalten optimistisch: Der Austausch sei vielen Lehrkräften ein persönliches Anliegen. „Zwar liegen schwierige Zeiten voraus, aber das dürfte der Motivation für die Begegnungen keinen Abbruch tun.“ Wann diese tatsächlich wieder stattfinden könnten, sei aber völlig offen, so Dirksen.

An alternativen Formaten wird gearbeitet

Sorge bereitet Dirksen und Mähler nicht nur die Lage in Israel: Es sei wichtig, das Augenmerk auch auf Deutschland zu richten, sagt Mähler: „Israelis fühlen sich hier oft nicht sicher.“ Das sei ebenfalls ein großes Hindernis für die Jugendbegegnungen.

Dass der Austausch bewahrt werden muss, steht für Christine Mähler außer Frage: „Es ist wichtig, junge Menschen aus beiden Ländern zusammenzubringen, weil wir eine Geschichte teilen, die maßgeblich Israel prägt – und uns auch.“ Die Jugendbegegnungen seien jedoch nicht allein von der Geschichte bestimmt.

Die Gruppen beschäftigten sich im Vorfeld ihrer Reisen zwar mit der deutschen NS-Vergangenheit und Israels Entstehungsgeschichte. Im Fokus der Begegnungen stünden dann aber oft Themen, die jungen Menschen heute am Herzen liegen: Nachhaltigkeit, Diversität, Gerechtigkeit und die Freude an der Begegnung.

Angesichts der Eskalation in Nahost werde bereits an alternativen Begegnungsformaten gearbeitet, berichtet Mähler: etwa Treffen in Drittländern und Onlineseminare. Sie ist sich sicher: „Sobald die unmittelbare Kriegsgefahr gebannt ist, wird auch der Austausch in den dann möglichen Formaten wieder losgehen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.