Strafabsenkung bei Kinderpornografie: Damit es nicht die Falschen trifft

Justizminister Buschmann will Mindeststrafen für Kinderpornografie-Delikte absenken. Das soll Verfolgung von Unbedarften vermeiden.

Eine LKA-Mitarbeiterin schaut auf einen Bildschirm mit kinderpornografischen Inhalten

Eine LKA-Mitarbeiterin bei ihrem alltäglichen Kampf gegen kinderpornografische Bilder im Netz Foto: Future Image/imago

FREIBURG taz | Justizminister Marco Buschmann (FDP) will die Mindeststafe für Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie absenken. So sollen unschuldige Eltern und unbedarfte Jugendliche vor unnötiger Strafverfolgung bewahrt werden. Buschmann will damit einen Fehler seiner Amtsvorgängerin Christine Lambrecht (SPD) korrigieren. Dazu hatten ihn die Jus­tiz­mi­nis­te­r:in­nen aller Bundesländer schon mehrfach aufgefordert.

Erst im Sommer 2021 war die Mindeststrafe für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie auf Betreiben Lambrechts auf ein Jahr hochgesetzt worden. Damit gelten diese Straftaten als Verbrechen und nicht mehr als Vergehen. Als Folge ist auch bei geringer Schuld keine Einstellung gegen Geldauflage mehr möglich. Außerdem muss in jedem Fall eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, ein schriftlicher Strafbefehl ist nicht mehr möglich.

Juristische Fachverbände wie der Deutsche Richterbund hatten die damalige große Koalition schon vorher gewarnt und sahen sich schnell durch die Praxis bestätigt. Die neue Unflexibilität belastete oft die Falschen. Als Verbrecher gelten jetzt auch Eltern, die im Elternchat ein kinderpornografisches Bild posten, das sie auf dem Smartphone ihres Kindes gefunden haben, um andere Eltern zu warnen. Früher wäre so etwas eingestellt worden, heute ist dies nicht mehr möglich. Immerhin: es droht nicht sofort Gefängnis, denn Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden.

Auch Lehrer:innen, die ein Smartphone konfiszieren, weil sie darauf Missbrauchsdarstellungen entdeckt haben, gelten als Verbrecher:innen, wenn sie das Telefon nicht sofort, sondern erst bei Gelegenheit zur Polizei bringen. Auch hier ist seit Lambrechts Reform keine Einstellung des Verfahrens mehr möglich.

Viele Tä­te­r:in­nen unter 18 Jahre

Was auch nicht berücksichtigt wurde: 54 Prozent der Tä­te­r:in­nen von Kinderpornografie-Delikten sind jünger als 18 Jahre, sind also selbst noch Jugendliche. Grund dafür ist vor allem die Unbedarftheit vieler Jugendlicher, die mit Kinderpornografie zwar nichts anfangen können, aber solche Bilder und Filmchen an andere Jugendliche weiterleiten, um zu provozieren oder weil sie so etwas „witzig“ finden.

Bei Jugendlichen gelten zwar nicht die gleichen Strafrahmen wie im Erwachsenen-Recht, aber die Einstufung der Kinderpornografie-Delikte als Verbrechen erschwert auch bei Jugendlichen die Einstellung des Verfahrens. Deshalb unterstützt auch die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen (DVJJ) Buschmanns Vorhaben.

In Buschmanns Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, ist nun vorgesehen, die Mindeststrafe für Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie wieder auf den alten Wert von drei respektive sechs Monaten abzusenken. Dann sind in geeigneten Fällen auch wieder Verfahrenseinstellungen möglich. Um das Rad nicht ganz zurückzudrehen, sollen die Höchststrafen bei fünf beziehnungsweise zehn Jahren bleiben.

Justizminister Buschmann ist natürlich bewusst, dass er sich mit einer derartigen Initiative angreifbar macht für Hetze aller Art. Er hat daher lange gezögert, bis er dem Wunsch der Län­der­mi­nis­te­r:in­nen und der Prak­ti­ke­r:in­nen bei Polizei und Justiz nachkam. Inzwischen scheint ihm aber auch die CDU/CSU versprochen zu haben, das Vorhaben zu unterstützen und auf billige Polemik zu verzichten. Wann der Gesetzentwurf ins Kabinett geht und wann er im Bundestag schließlich beschlossen wird, ist noch nicht abzusehen.

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