Neue Regeln für V-Leute: Vorstrafen erlaubt

Bisher gibt es fast keine Regeln für V-Leute bei der Polizei. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt.

Marco Buschmann gestikuliert

Bundesjustizminister Marco Buschmann Foto: Britta Pedersen/dpa

FREIBURG taz | Erstmals soll in Deutschland der Einsatz von V-Leuten zur Strafverfolgung gesetzlich geregelt werden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legte kurz vor Weihnachten einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Bisher sind in der Strafprozessordnung nur verdeckte Er­mitt­le­r:in­nen geregelt. Das sind Polizist:innen, die unter falschem Namen in kriminellen Szenen ermitteln. Vertrauenspersonen (V-Personen) sind dagegen keine Polizist:innen, sondern Kriminelle oder sonstige Privatleute, die gegen Geld mit der Polizei zusammenarbeiten. In einem neuen § 110b der Strafprozessordnung soll nun der Einsatz von V-Personen geregelt werden.

Die wichtigste Neuerung: Eine Er­mitt­lungs­rich­te­r:in muss den Einsatz der V-Person vorab genehmigen. Voraussetzung ist, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung aufgeklärt werden sollen, etwa aus den Bereichen Drogen, organisierte Kriminalität, Staatsschutz, Cyberkriminalität und Betrug. Die richterliche Anordnung muss bei Bedarf alle drei Monate verlängert werden.

Als V-Leute dürfen keine Minderjährigen angeworben werden und keine Personen, die sich in einem Aussteigerprogramm befinden. Sonst gibt es wenig Ausschlusskriterien. Insbesondere Vorstrafen sind kein Hinderungsgrund. Ausnahme: Vorstrafen wegen Meineids oder falscher Verdächtigung, weil diese die Zuverlässigkeit des Spitzels infrage stellen. In einem ersten Entwurf aus dem Juli war noch vorgesehen, dass Kriminelle mit schweren Vorstrafen nicht V-Leute sein dürfen. Diese Einschränkung hat Buschmann auf Wunsch von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gestrichen.

Keine intimen Beziehungen

V-Leute dürfen keine Straftaten begehen, auch nicht zur Tarnung. Wenn sie im Einsatz straffällig werden, ist die Zusammenarbeit zu beenden, so der Gesetzentwurf. V-Leute sollen mit den Spitzel-Honoraren auch nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. Außerdem sollen sie maximal zehn Jahre mit der Polizei zusammenarbeiten. So soll eine gefährliche Symbiose von Polizei und Unterwelt verhindert werden.

Die Identität der V-Leute muss zum Schutz vor Racheakten der Szene geheim bleiben, auch bei Aussagen vor Gericht. Auf eine Aussagepflicht wird aber nicht verzichtet. Erlaubt ist dann jedoch die Verfremdung von Stimme und Aussehen.

Beim Einsatz dürfen V-Leute und verdeckte Er­mitt­le­r:in­nen keine intimen Beziehungen eingehen oder sonst in den Kernbereich des Privaten eindringen. Damit wird ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Vorjahr umgesetzt.

Erstmals geregelt wird auch der Einsatz von V-Leuten und verdeckten Er­mitt­le­r:in­nen als Lockspitzel, etwa als Schein­käu­fe­r:in­nen von Drogen. Zulässig ist dies nur bei bereits tatgeneigten Personen. Unzulässig ist aber die staatliche Anstiftung zu Taten, die ohne Tatprovokation nicht begangen würden.

In solchen Fällen soll künftig ein Verfahrenshindernis vorliegen, das heißt: ein Strafprozess und eine Bestrafung ist dann nicht möglich. Damit folgt der Gesetzentwurf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg. Dagegen wollte der Bundesgerichtshof bei rechtswidriger Tatprovokation lange Jahre nur eine Strafmilderung zubilligen.

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