Durchsuchungen bei linker Gruppe: Razzia gegen Fe­mi­nis­t*in­nen

Die Polizei durchsuchte am Mittwochmorgen in Berlin mehrere Räumlichkeiten der linken Gruppe Zora und die Wohnung eines 67-jährigen Mannes.

Polizisten tragen beschlagnahmtes Material im Zuge einer Razzia aus einem Gebäude heraus.

Foto: dpa/Paul Zinken

BERLIN taz | Am Mittwochmorgen wurden in sieben Ortsteilen Wohnungen und zwei weitere Räumlichkeiten der linken feministischen Gruppe Zora von der Polizei durchsucht. Außerdem gab es unabhängig von der Gruppe eine Razzia in der Wohnung eines 67-Jährigen. Hintergrund der Razzia sind laut Polizei Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und wegen der Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.

Im Mittelpunkt steht dabei ein Post von Zora auf Instagram: „Keine Befreiung der Frau ohne die Befreiung Palästinas“, so der Titel des digitalen Flugblattes. In dem Post vom 12. Oktober solidarisiert sich die junge Frauenorganisation mit „allen revolutionären palästinensischen Be­frei­ungs­kämp­fe­r:in­nen und dem palästinensischen Volk“. Entscheidend für den Tatvorwurf der Propagandaverbreitung soll dabei der Aufruf sein, „die fortschrittlichen Kräfte, wie zum Beispiel die PFLP, die auch Teil des palästinensischen Widerstandes sind, zu stärken“.

Die PFLP, die Volksfront für die Befreiung Palästinas, wird seit 2002 von der EU als terroristisch eingestuft. Bis heute verübt die PFLP Anschläge in Israel und steht dem in Deutschland erst kürzlich verbotenen palästinensischen Netzwerk Samidoun nahe. Anders als die Hamas ist die PFLP nicht religiös. In dem Instagram-Post distanziert sich Zora von der Hamas und verurteilt die sexualisierte Gewalt an jungen Frauen. Man sei sich bewusst, „dass die Hamas kein Interesse daran hat, das Patriarchat zu zerschlagen“, heißt es weiter.

Verhältnismäßigkeit des Einsatzes umstritten

Inwiefern die Gruppe tatsächlich Verbindungen zur PFLP hat, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen, sagt der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Sebastian Büchner, der taz. Auf die Frage, ob der Einsatz von 170 Polizisten wegen eines Instagram-Postings gerechtfertigt ist, sagt er, dass die Durchsuchungsbeschlüsse vom Ermittlungsrichter genehmigt worden seien und „in Hinblick auf den Anfangsverdacht und den Tatvorwurf eine Durchsuchung auch verhältnismäßig“ sei. Laut Polizei wurden bei den Razzien vor allem Flugblätter, internetfähige Kommunikationsgeräte und Datenträger sichergestellt.

Das harsche Vorgehen der Staatsmacht sorgt im Netz für viel Kritik. Der Linke-Politiker Ferat Koçak kritisiert auf X die Durchsuchung des Neuköllner Cafés Karanfil: „Karanfil ist vor allem ein Ort der kurdischen linken Diaspora, die sich gegen IS in Nordsyrien, gegen die rechte Regierung in der Türkei zur Wehr setzt und im Iran die Revolution gegen das Mullah-Regime unterstützt.“ Für Kocak sind die Razzien „rassistische Repression gegen linke migrantische Räume unter dem Vorwand der Bekämpfung von Antisemitismus“.

Dem 67-Jährigen, dessen Wohnung ebenfalls untersucht wurde und der nicht Teil der Gruppe Zora ist, wird vorgeworfen, auf Facebook das PFLP-Symbol mit der Bildzeile „Der Märtyreranführer Hassan Mahmoud Saleh Al-Mahmoud“ gepostet zu haben. Bei ihm stellte die Polizei laut eigenen Angaben Pyrotechnik im zweistelligen Kilogrammbereich sicher und beschlagnahmte eine geladene Schreckschusswaffe sowie Munition.

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