Gewerkschaft fürchtet Lohndumping: Chinesen machen Ernst im Hafen

Nach ihrem Einstieg im Hamburger Hafen greift die Cosco-Reederei das Tarifsystem an: Seeleute sollen Ladung festmachen, statt gut bezahlter Profis.

Containerfrachter unter Containerbrücken. Auf der Bordwand steht "COSCO".

Am Tollerort ist die Reederei Cosco im Sommer eingestiegen. Jetzt ändert sie die Spielregeln Foto: Georg Wendt/dpa

HAMBURG taz | Die Aufregung um den geplanten Einstieg der Schweizer Reederei MSC in die Hamburger Hafen und Logisitik AG (HHLA) ist noch gar nicht richtig abgeklungen, da entflammt schon der nächste Konfliktherd im Hamburger Hafen. Die Gewerkschaft Ver.di wirft der chinesischen Reederei Cosco Tarifbruch vor.

Laut Ver.di hatte Cosco angekündigt, die Container auf einem ihrer Schiffe erstmals von der eigenen Besatzung befestigen zu lassen. Eigentlich werden diese Aufgaben von den Laschereibetrieben im Hafen übernommen.

Laschen sei Hafenarbeit und müsse von tariflich beschäftigten La­sche­r*in­nen erledigt werden, sagt André Kretschmar, Fachbereichsleiter für maritime Wirtschaft bei Ver.di Hamburg. Anders als die Seeleute an Bord der Schiffe seien diese für die komplexen Aufgaben der Ladungssicherung qualifiziert.

La­sche­r*in­nen werden durch ihre Tarifverträge besser bezahlt als die Schiffsbesatzungen und verursachen somit höhere Kosten für die Reedereien und Terminalbetreiber.

Aus Sicht der Gewerkschaft ist der Vorstoß von Cosco ein ziemlich platter Rationalisierungstrick: „Ohne Not wird hier versucht, die Transportkosten zulasten der Sicherheit von Kol­le­g*in­nen an Bord und an Land zu drücken“, so Kretschmar. Neu sei das im übrigen auch nicht. Immer wieder versuchten Reedereien auf der ganzen Welt, die tariflichen Regelungen für Ha­fen­ar­bei­te­r*in­nen zu umgehen, sagt Kretschmar. Cosco sei da kein Einzelfall.

André Kretschmar, Ver.di

„Hier wird versucht, die Transportkosten zulasten der Sicherheit zu drücken“

Das dürfe man den Reedereien nicht durchgehen lassen. Nur sie würden von dieser Verbilligung der Arbeit profitieren. Die geltenden Tarifverträge der Ha­fen­ar­bei­te­r*in­nen müssten eingehalten werden. Auch für die Kol­le­g*in­nen auf den Schiffen sei das ein großes Problem. „Wer weiß, was alles passieren kann, wenn sich auf hoher See mal ein Container löst, weil der zuvor im Hafen nicht fachgerecht gesichert wurde“, so Kretschmar.

Man werde jetzt gemeinsam mit der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) prüfen lassen, inwieweit das Verhalten von Cosco die Tarifvereinbarungen verletzt und welche rechtlichen Möglichkeiten der Gewerkschaft zur Verfügung stehen. „Das betreffende Schiff hat einen Tarifvertrag, der klar vorgibt, dass Ladungssicherungsarbeiten aus Sicherheitsgründen von Ha­fen­ar­bei­te­r*in­nen durchzuführen sind,“ sagt Susana Pereira-Ventura, Leiterin der ITF-Billigflaggenkampagne bei Ver.di.

Politik in der Pflicht

Die Gewerkschaft sieht nun vor allem die Hafengesellschaft HHLA und die Politik in der Pflicht, dieses „Sozialdumping“ im Hamburger Hafen zu unterbinden. Es brauche rechtsverbindliche Grundlagen, mit denen eventuelle Grauzonen verhindern werden könnten. „Die HHLA muss auch in Zukunft dafür sorgen, dass an den Terminals der HHLA kein Tarifbruch stattfindet“, betont Kretschmar.

Zudem müsse der Senat hier von politischer Seite aus Klarheit schaffen. Mithilfe der Hafenverordnung könne die Stadt gesetzlich festschreiben, dass Laschereitätigkeiten im Hafen auch nur von ausgebildeten La­sche­r*in­nen ausgeführt werden. Bislang gibt es eine solche Verpflichtung noch nicht.

In Hamburg arbeiten laut Ver.di vier Laschunternehmen mit rund 500 Mitarbeiter*innen. Sie alle gehören zum HHLA-Konzern. Seit Sommer 2023 ist die chinesische Staatsreederei Cosco zu 24,9 Prozent am HHLA-Terminal Tollerort beteiligt – allerdings ohne Entscheidungsrechte, wie die HHLA nach Vertragsabschluss betonte. Gegenüber der taz konnte die Reederei noch keine Angaben zu den Ver.di-Vorwürfen machen.

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