Winterabschiebestopp in Berlin: Halbherziger Abschiebestopp

Vom 22. Dezember bis 28. Februar soll nicht abgeschoben werden. Die Opposition kritisiert die eingeschränkte Dauer und die Ausnahmen.

Menschen steigen in ein Flugzeug

Abschiebung abgelehnter Asyl­be­wer­be­r:in­nen Foto: Daniel Maurer

BERLIN taz | Es ist Winter, und Berlin schiebt weiter ab. Noch. Denn auch in diesem Winter soll es wieder einen befristeten Abschiebestopp geben. In der Zeit vom 22. Dezember bis zum 28. Februar sollen Abschiebungen ausgesetzt werden, darauf hatten sich Senats- und Parteispitzen von CDU und SPD Mitte November nach einem internen Streit geeinigt. Ausgenommen davon sind Ge­fähr­de­r:in­nen und Straftäter:innen, die zu mehr als 50 Tagessätzen bereits verurteilt sind.

Am Montag diskutierte der Innenausschuss über die Maßnahme. Die Linksfraktion hatte beantragt, die Ausnahmen zu streichen, den Abschiebestopp bis Ende März zu verlängern sowie Abschiebungen nach Afghanistan, Marokko, Libyen, Syrien, Sudan und die Türkei generell auszusetzen. Ihr Abgeordneter Ferat Kocak kritisierte insbesondere die Einschränkung der Maßnahme. Mit der Grenze von 50 Tagessätzen würden bereits „Bagatelldelikte“ erfasst, so Kocak: „Damit ist Schwarzfahren quasi Abschiebegrund.“

Darüber hinaus wies Kocak gegenüber der taz darauf hin, dass die genannten Länder zuletzt von Erdbeben heimgesucht worden seien. „Solange die Folgen der Naturkatastrophen nicht aufgehoben sind, soll Berlin dahin nicht abschieben und sich bei der Innenministerkonferenz für einen generellen Abschiebestopp einsetzen“, so Kocak. Zumindest dem ersten Teil des Antrags schlossen sich auch die Grünen an. Ihr migrationspolitischer Sprecher, Jian Omar, kritisierte die kurze Dauer des Abschiebestopps. Diese führe dazu, „dass tatsächlich auch im Winter abgeschoben wird“.

Im vergangenen Winter, noch unter einer rot-rot-grünen Regierung, hatte die humanitäre Maßnahme vier Monate gegolten, auch da aber schon auf Druck der bereits amtierenden Innensenatorin Iris Spranger (SPD) mit Ausnahmen. Etwa 150 Menschen waren im ersten Quartal 2023 in ihre Herkunftsländer abgeschoben worden, wie die Antwort auf eine Kleine Anfrage im Nachhinein zeigte. Das entsprach etwa einem Viertel der Fälle der beiden nachfolgenden Quartale. Für die kommende Periode forderte Omar Informationen über dennoch erfolgte Abschiebungen.

„Nicht selbstverständlich“

Für die Regierungskoalition, die den Linken-Antrag ablehnte, verteidigte der SPD-Innenpolitiker Martin Matz die aktuelle Regelung. Diese sei „nicht wirklich anders“ als die im vergangenen Winter. Die Regelung sei auch „keinesfalls selbstverständlich“. Andere Bundesländer hätten in diesem Winter keine vergleichbare Regelung getroffen, auch nicht Thüringen oder Bremen, wo Linke beziehungsweise SPD und Grüne regieren.

Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe verwies am Montag auf den Koalitionsvertrag und die Richtlinien der Regierungspolitik. Man würde sich zur „Durchsetzung von Rückführungen“ bekennen, dabei aber „humanitäre Grundsätze“ wahren. Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte den Abschiebestopp im September infrage gestellt, als er in einem Interview mit der FAZ erklärte, man müsse darüber nachdenken, ob sich Berlin eine Aussetzung von Abschiebungen noch leisten könne.

Rund 16.000 ausreisepflichtige Menschen leben derzeit in Berlin, von diesen verfügen 14.000 über eine Duldung. Das heißt, sie können vorerst bleiben.

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