Eintracht-Präsident Peter Fischer: Abschied mit Haltung

Ein letztes Mal leitet Peter Fischer die Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt. Er wird für sein Engagement gegen rechts gefeiert.

Peter Fischer vor dem Lofo von Eintracht Frankfurt mit nach oben zeigenden Daumen

Daumen hoch: Peter Fischer lässt sich ein letztes Mal als Eintracht-Präsident feiern Foto: Arne Dedert/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Die Jahrhunderthalle draußen im Frankfurter Stadtteil Unterliederbach hat in ihrer langen Geschichte schon viele besondere Sportereignisse erlebt. Aber wann gab es solche Emotionen im Überfluss wie bei der diesjährigen Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt? In der Spitze bis zu 2.500 Menschen – Rekordbesuch in der langen Historie – bereiteten Peter Fischer einen bewegenden Abschied. Die Ovationen für den fast ein Vierteljahrhundert tätigen Präsidenten wollten gar nicht enden. Die meisten konnten sich nicht daran erinnern, dass an Ort und Stelle schon mal so laut und lange geklatscht wurde.

Der Beifall schwoll zum Orkan, als der zu Tränen gerührte 67-Jährige noch einmal festhielt, was er zuletzt immer wieder – meist sehr laut – ausrief: „Bei uns gibt es keinen Platz für Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung.“ Die Eintracht sei ein „bunter Klub“ mit 112 verschiedenen Nationalitäten, eine „internationale Familie“. Und wer diese Werte nicht lebe, „den schmeißen wir raus“. Der Jubel aus der Halle war ihm zu einem Zeitpunkt sicher, als keine elf Kilometer weiter auf dem Frankfurter Römer unter freiem Himmel Abertausende Menschen bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus zusammenkamen.

Fischer, der sich mit einer pathetischen Liebeserklärung bei den Leuten bedankte, war in den vergangenen Jahren vor allem als Mann mit klarer Haltung gefeiert worden, weil er sich als einer der ersten Funktionäre aus dem bezahlten Fußball gegen den Aufstieg der AfD positioniert hat. Sein politisches Engagement will er als Ehrenpräsident fortsetzen: „Dieser Kampf gegen rechts ist und bleibt meine Lebensaufgabe.“ Auf den üblichen Rechenschaftsbericht hatte der präsidiale Paradiesvogel mit dem Faible für blumige Sprache und schrille Kleidung verzichtet.

Nachfolger Mathias Beck, mit einer überwältigenden Mehrheit der 1867 Stimmberechtigten ins Amt gewählt, wird an der gesellschaftlichen Orientierung eines Vereins mit inzwischen fast 140.000 Mitgliedern nichts ändern: „Wir werden keinen Zentimeter von unseren Werten abrücken.“

Der zuvor im Verwaltungs- und Aufsichtsrat engagierte und ebenfalls gefühlsmäßig stark mit dem Adler verbundene Immobilienkaufmann („meine Liebe zur Eintracht ist lebenslang und unzertrennlich“) möchte das Angebot von 50 Sportarten weiter ausbauen, um auch hier Vielfalt zu garantieren. Dem 52-Jährigen kommt zugute, dass Verein und die Eintracht Frankfurt Fußball AG als Tochtergesellschaft heute gut verzahnt sind.

Rasante Entwicklung

Das frühere Etikett als launischen Diva vom Main hat der Klub fast vollständig abgelegt. Keine andere traditionsreiche Marke kann in den vergangenen Jahren auf eine solch rasante sportliche und wirtschaftliche Entwicklung verweisen. Über Fischers Anteil an diesem Aufstieg sagte Vorstandssprecher Axel Hellmann auf der Versammlung: „Du weißt genau, was andere besser können als du, und stärkst ihnen den Rücken.“ Sein Freund hatte ihn ja gleich Anfang des Jahrtausends als Strategen eingebunden.

Als der Jurist Hellmann nach dem Abgang von Heribert Bruchhagen mehr Macht im Vorstand bekam, setzte die Häutung von der grauen Maus aus dem Mittelfeld zum bunten Vorzeigeverein mit internationalem Geltungsbedürfnis ein. Der 52-Jährige konnte sich jetzt rausnehmen, Trainer Dino Toppmöller einerseits zwar den Rücken zu stärken, andererseits aber dem Team zu empfehlen, zur alten DNA zurückzukehren.

So wie die Eintracht beim DFB-Pokalsieg 2018 oder dem Europa-League-Triumph 2022. Meilensteine, die keiner so zelebrierte wie der wegen eines ausschweifenden Privatlebens gerne als „Party-Präsident“ titulierte Fischer. Ungeachtet dessen hatte er über die Jahre vor allem das richtige Gespür, wer wie wann am besten zur Eintracht passte. Und niemand schien in guten wie in schlechten Zeiten den Puls der Fans besser zu fühlen als Fischer.

Auswüchse des gewaltbereiten Teils der Ultras wurden von ihm bisweilen relativiert. Kein Wunder, dass sie sich nach dem Abstieg 2011 ungeniert als „Randalemeister“ feierten. Als sein persönlicher Tiefpunkt müssen die staatsanwaltschaftlichen Drogenermittlungen gelten. Für Fischer war es „eine reine Luftnummer“ – gleichwohl der Anstoß, von seinem Amt am 5. Februar 2024 zurückzutreten. Letztlich hätte es keinen besseren Zeitpunkt geben können.

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