Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga: Mainzer Dynamite

Bei Mainz 05 schwärmen alle nach dem Erfolg gegen Augsburg vom „positiv verrückten“ neuen Trainer Bo Henriksen.

Zwei Mainzer Spieler und Trainer stehen in einer Reihe und fassen jeweils den Vordermann an

Ringelpiez mit Anfassen: Dank Trainer Bo Henriksen (Mitte) ist die Stimmung wieder bestens Foto: Jürgen Kessler/dpa

Im Vergleich zu den großflächigen Protestplakaten in der Mainzer Fankurve gegen den Investorendeal kam das handgemalte Pappschild recht bescheiden daher. Fernsehkameras haben trotzdem eingefangen, wie liebevoll einige Anhänger des FSV Mainz 05 ihren neuen Trainer Bo Henriksen begrüßten: „Bo 2 – can do.“

Was der zweite Bo – nach seinem dänischen Landsmann Bo Svensson – zum Bundesliga-Einstand dann vollbrachte, hätten selbst kühnste Optimisten nicht erwartet. Mit einer überzeugenden Vorstellung bezwang das Team den FC Augsburg (1:0). Bo Henriksen steht für Lust und Leidenschaft, Energie und Elan, Positivität und Aktivität. „Es war ein fantastischer Tag für die Mannschaft, für die Fans und für mich. Ich habe keine Angst auf dem Platz gesehen – das ist das Wichtigste“, sagte Henriksen, der die Liga mit seinem unerschütterlichen Optimismus bereichern könnte.

Klubchef Stefan Hofmann sieht „einen positiv Verrückten“ am Werk, der jedenfalls jetzt gut zum Standort passe. Viel besser als der am Ende seiner Amtszeit fast nur noch negativ gepolte Svensson oder der schlicht zu blasse Vorgänger Jan Siewert. Behält Mainz 05 diese Überzeugung bei, ist das Team nicht mehr lange Vorletzter. Vorstand Christian Heidel lobte: „Er hat sich gesagt: Ich bringe Feuer in den Laden. Das hat er in einer Art und Weise gemacht: Hut ab!“ Ihm war dieser „Emotionstyp“ aufgefallen, als sich der FC Zürich unter dessen Regie vom Abstiegskandidaten zum Spitzenklub entwickelte.

Nun hat man einen Einpeitscher an der Linie stehen, der ein bisschen an den wilden Jürgen Klopp im alten Bruchwegstadion erinnerte. Der 49-jährige Däne strich sich entweder durchs lange Haar, klatschte in die Hände oder trieb die Spieler nach vorne. Es wäre empfehlenswert, auch mal seine Laufleistung an der Linie zu ermitteln. „Bo ist ein Wirbelwind“, sagte Heidel. „Wir werden sehen, wohin das jetzt führt.“

Keine Angst vor dem Tabellenführer

Freitag geht’s erst einmal zum Tabellenführer Bayer Leverkusen. „Wir fahren da jetzt nicht hin, um möglichst niedrig zu verlieren“, kündigte Henriksen an. Offenbar ist die Zuversicht ansteckend, nachdem der neue Coach so überzeugend den zweiten Saisonsieg für die Nullfünfer versprochen hatte, „dass die Spieler am Ende auch dran geglaubt haben“, wie Heidel berichtete. Henriksen gestand hinterher, ziemlich müde zu sein.

Sein fußballerischer Ansatz orientiert sich am „Danish Dynamite“ – jenem spektakulären Spielstil, mit denen Dänemarks Nationalmannschaft in den 80er Jahren die Herzen eroberte. Genau das, was eine zutiefst verunsicherte Mannschaft nach elf sieglosen Partien gebraucht hat. Selbst als Nadiem Amiri in der Nachspielzeit der ersten Hälfte den vierten Mainzer Elfmeter in Folge verschoss, schrie der impulsive Übungsleiter in der Kabine: „Keep attacking! Keep attacking!“ Die spielerisch und kämpferisch überzeugenden Rheinhessen behielten ihre Leidenschaft bei.

Exemplarisch für den Einsatz stand Ausnahmetalent Brajan Gruda, der im Abschlusstraining durch einen unglücklichen Tritt eines Mitspielers blutüberströmt ins Krankenhaus musste. „Das gesamte Gesicht zerfetzt: Ich hätte gedacht, der spielt die nächsten zehn Wochen keinen Fußball mehr“, erzählte Heidel. „Dann läuft er mit Maske auf, schmeißt sie weg und haut sich rein – das ist ein Zeichen, das ist Abstiegskampf.“ Auch Henriksen staunte: „Der Junge ist erst 19 Jahre. Das ist so mutig, das ist unglaublich.“ Unter ihm lebten der quirlige Gruda und der filigrane Amiri im Vorwärtsgang ihre Freiheiten genüsslich aus.

Die mit dem Winter-Neuzugang von Bayer Leverkusen gehobene Qualität bezeichnete Heidel als „totalen Glücksfall“, zumal Antreiber Amiri auch jene Freistoßflanke schlug, nach der Abwehrspieler Sepp van den Berg das entscheidende Tor köpfelte (44.). Der ehemalige Mainzer Finn Dahmen half mit seinem Irrflug zwar kräftig mit, aber Schuldzuweisungen an den FCA-Keeper wären zu einfach gewesen. Jess Thorup, der dänische Coach auf der Augsburger Seite, erklärte nach dem verlorenen Duell: „Ich habe genau gewusst, was auf uns zukommt. Trotzdem waren wir nicht bereit.“

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