Femizide in Österreich: Sechs Morde in wenigen Tagen

Nachdem mehrere Frauen getötet wurden, fordert die SPÖ eine Krisensitzung. Laut Frauenministerin Raab (ÖVP) sei das Schutzsystem gut ausgebaut.

Kofferraum eines Wagens der Spurensicherung steht offen

Spurensicherung am Tatort Eschenau Foto: APA via dpa

BERLIN taz | Am Montagmorgen fielen Schüsse in einem Einfamilienhaus im niederösterreichischen Dörfchen Eschenau. Ein 93-Jähriger soll seine 84-jährige Lebensgefährtin erschossen und danach versucht haben, sich selbst zu töten.

Die Tat ist der sechste Frauenmord innerhalb weniger Tage in Österreich. Erst am vergangenen Freitag erstach ein 27-Jähriger Afghane drei Frauen in einem Bordell in Wien. Er wurde bereits verhaftet und hat die Tat gestanden. Ebenso am Freitag und auch in Wien soll ein 53-jähriger Österreicher seine 51-jährige Ehefrau und seine 13-jährige Tochter erwürgt oder erstickt haben.

Nach Bekanntwerden der Femizide entflammte in Österreich eine Debatte über gesellschaftliche Gründe und politische Konsequenzen. Klaudia Frieben, die Vorsitzende des österreichischen Frauenrings, forderte im ORF eine Krisensitzung der Bundesregierung.

Auch die Bundesvorsitzende der Frauen in der SPÖ, Eva-Maria Holzleitner, warb für eine solche Krisensitzung. Darüber hinaus forderte die Sozialdemokratin einen Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz, „um Frauenleben in Österreich zu schützen“. Dieser sei notwendig, da das Land im europäischen Vergleich die meisten jährlichen Frauenmorde verzeichne.

Patriarchale Gewalt

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) ließ auf taz-Rückfrage offen, ob die Regierung die geforderten Maßnahmen angehen werde. Aus ihrer Sicht verfüge Österreich „mittlerweile über ein gut ausgebautes Gewaltschutzsystem“. So gebe es unter anderem ein breites Netz an Gewaltschutzzentren sowie Frauen- und Mädchenberatungsstellen, das immer weiter ausgebaut werde.

Leider, so Raab, „lässt sich auch dadurch nicht jeder einzelne Fall von Gewalt verhindern“. Natürlich, stellt sie klar, sei aber „jeder Mord einer zu viel“. Jede Chance müsse genutzt werden, „um die Sicherheitssysteme präventiv zu aktivieren und Gewalt bereits vor der Tat zu stoppen“.

Dominik Nepp, Vorsitzender der Rechtsaußenpartei FPÖ, nutzte die nichtösterreichische Herkunft des einen Täters, um eine „rigorose Abschiebepolitik“ zu fordern. Für Heidi Am­brosch, Frauensprecherin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), geht das am Problem vorbei. „Femizide fußen auf einem System, das Frauen unterdrückt und ökonomisch abhängig macht“, so Ambrosch zur taz.

Und patriarchale Gewalt sei global: „Je stärker Männer von Krisen getroffen werden, sei es ökonomisch, sei es durch Traumata von Flucht­erfahrungen oder Brüchen mit gesellschaftlichen Männerbildern, desto öfter richtet sich die Gewalt von Männern gegen Frauen.“

Sie sind von geschlechterspezifischer und/oder häuslicher Gewalt betroffen und brauchen Hilfe? In Deutschland unter 08000 116 016 und in Österreich unter 0800 222 555 finden sie rund um die Uhr, kostenlos und anonym Hilfe. Beide Angebote sind mehrsprachig verfügbar und bieten neben telefonischen Erstberatungen auch die Vermittlung an Frauenhäuser und Beratungsstellen an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.