Karatemeisterin Reem Khamis: Nach oben gekämpft

Die deutsche Karatemeisterin Reem Khamis wurde zu Hamburgs Sportlerin des Jahres gewählt. Begonnen hat ihre Karriere nach ihrer Flucht aus Ägypten.

Reem Khamis bei der Ehrung zu Hamburgs Sportlerin des Jahres. Sie trägt offene, schulterlange schwarze Haare, ein weißes Shirt mit modisch-weiten Ärmeln und in der linken Hand den Preispokal: Eine Art runde Scheibe, durch die ein stilisiertes Hamburger Rathaus hindurchscheint.

Hamburgs Sportlerin des Jahres 2023: Karateka Reem Khamis bei der Preisverleihung Foto: Witters Sportfotografie/HSB

HAMBURG taz | In einem schwarzen Rock, Boots und einem weißen Shirt steht Reem Khamis auf der Bühne der Hamburger Sportgala. Ein ungewohntes Bild, kennt man die 21-Jährige doch eher mit Hand-und Fußschützern, zum Zopf gebundenen Haaren und im weißen Gi, dem Kampfanzug der Karateka.

Allein im letzten Jahr gewann die fünffache deutsche Karatemeisterin drei Goldmedaillen: Zwei bei der Europameisterschaft in Spanien und eine bei den European Games in Polen. Vergangene Woche kam eine weitere Auszeichnung hinzu: Khamis ist Hamburgs Sportlerin des Jahres.

Die Leidenschaft für Karate entdeckt die gebürtige Ägypterin schon als Kind. Bereits in Kairo, wo sie die ersten Jahre ihres Lebens aufwächst, geht sie zum Karatetraining. Die Begeisterung für Sport habe sie von ihrer Mutter, sagt Khamis einmal in einem Interview. Diese habe sie und ihre beiden jüngeren Brüder immer dazu ermutigt. 2013 flieht die Familie nach Norddeutschland – in Ägypten war es zwei Jahre nach dem Arabischen Frühling und dem Sturz des Mubarak-Regimes wieder zu Unruhen gekommen, die schließlich zum Militärputsch führten.

Der Neuanfang in Hamburg sei nicht einfach gewesen, sagt die Sportlerin. Vieles ist ihr unbekannt. Um so wichtiger wird Karate für Khamis, das ist ihr vertraut. Beim Harburger Turnerbund beginnt sie ihr Training. Ihr Trainer Ralf Becker erkennt ihr außergewöhnliches Talent und begleitet ihren Weg nach oben. 2017 gewinnt Khamis das erste Mal die deutsche Meisterschaft.

Zäher Einbürgerungsprozess

Der Trainer des Bundeskaders wird auf sie aufmerksam und möchte sie in der Nationalmannschaft haben. Es zeigt sich: Sie hält auch bei den Top­s­port­le­r:in­nen mit. International antreten kann sie trotzdem nicht. Dafür braucht sie die deutsche Staatsbürgerschaft und der Einbürgerungsprozess zieht sich. „Zwischendurch habe ich daran gezweifelt, ob ich überhaupt weitermachen soll“, erinnert sich Khamis. Dann, 2021, nach fünf Jahren, geht es plötzlich ganz schnell. Sie ist eingebürgert. Ihr erster Wettkampf außerhalb Deutschlands findet ausgerechnet in Kairo statt. Sie holt Bronze.

Ab da gibt es kein Halten mehr, endlich kann sie sich mit der Spitze messen. Heute ist sie Zweitplatzierte auf der Kumite-Weltrangliste in der Gewichtsklasse bis 61 kg. Kumite ist eine bestimmte Form des Karates, bei der die zwei Geg­ne­r:in­nen im Wettkampf die Techniken nicht vorher absprechen.

Der Sport nimmt viel Zeit in Khamis Leben ein. Sechsmal die Woche trainiert sie. Dafür braucht es Disziplin und Durchhaltevermögen. Dass Khamis das schafft, verbindet die Muslima auch mit ihrem Glauben. Aus ihrer Beziehung zu Gott schöpft sie Kraft. Bereits als Kind liest sie den Koran und auch heute, neben ihrem intensiven Training, versucht sie fünf Mal am Tag zu beten.

Neben ihrer Profisportkarriere hat Khamis bis vor Kurzem Maschinenbau studiert. Das hat sie allerdings abgebrochen. Lieber möchte sie ein Lehramtsstudium beginnen. „Mir macht es Spaß, mit Kindern und Jugendlichen zusammenzuarbeiten“, sagt die Karateka.

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