Nato-Verteidigungsausgaben: Nur 11 von 31 schaffen die Marke

Viele Nato-Staaten verfehlen das Ziel für Verteidigungsausgaben. Generalsekretär Stoltenberg lobt trotzdem – und hat eine Botschaft gen Moskau.

Kampfjet auf einem Flugzeugträger.

Polarlichter über einem britischen Flugzeugträger bei der Übung Steadfast Defender in Norwegen Foto: UK Ministry of Defense/dpa

BERLIN taz | Wenn im November Donald Trump wieder zum US-Präsidenten gewählt werden sollte, könnte es für die Nato eng werden. Immerhin hatte dieser bereits in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 mit einem Austritt der USA aus dem Militärbündnis gedroht und von den europäischen Verbündeten mehr Geld gefordert. Der von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag vorgestellte Jahresbericht für 2023 zeigt nun, dass von den damals noch 31 Staaten (ohne Schweden) nur 11 tatsächlich mindestens 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben haben.

An der Spitze liegt Polen mit über 3,9 Prozent, und damit sogar noch vor den USA, die bei rund 3,2 Prozent ins Militär investiert haben. Das Ziel erreicht haben außerdem Großbritannien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Ungarn, die Slowakei sowie die baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland. Deutschland kommt auf 1,66 Prozent.

Trotz der mauen Zahlen sparte Stoltenberg am Donnerstag nicht mit Lob – und sprach von robusten militärischen Plänen, von einem enormen Aufwuchs der Investitionen. Nicht zuletzt jubelte er über die jüngst dazugekommenen Nato-Mitglieder Finnland und Schweden. Und einer eigenen Erhebung zufolge gebe es große Unterstützung in den Staaten für das Bündnis. Stoltenbergs Botschaft an den russischen Präsidenten: Mit Finnland und Schweden ist die Nato nun größer und stärker. Wladimir Putin zog in den Krieg und wollte Bündnis schwächen – dies sei aber nicht gelungen.

Stoltenberg ging auch auf Meldungen ein, wonach der Kremlchef planen soll, Truppen an der finnischen Grenze zu stationieren. „Wir werden das sehr genau beobachten.“ Es bestehe aber keine Bedrohung, weder für das skandinavische Land noch für das Militärbündnis. Mit Blick auf die anstehende Präsidentenwahl in Russland urteilte Stoltenberg eindeutig: „Freie und faire Wahlen sind die Basis der Demokratie. Doch die Wahlen in Russland werden nicht frei und fair sein.“

Etwa 1,3 Billionen US-Dollar für Rüstung

2024 soll im Bündnis vieles besser werden. Schließlich will US-Präsident Joe Biden anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Allianz in diesem Sommer in Washington Fortschritte vermelden. Generalsekretär Stoltenberg geht davon aus, dass im laufenden Jahr mindestens zwei Drittel der Mitgliedstaaten das 2-Prozent-Ziel erreichen werden. Konkret spricht er von Investitionen in Höhe von 470 Milliarden US-Dollar. Auch Deutschland hat zugesagt, das 2-Prozent-Ziel 2024 erreichen zu wollen. Alle 31 Staaten gaben 2023 etwa 1,3 Billionen US-Dollar für Rüstung und Verteidigung aus.

Stoltenberg appellierte erneut an die Verbündeten, der Ukraine mehr Munition zu liefern. Jede Verzögerung habe Auswirkungen auf dem Schlachtfeld, so der Nato-Chef. Und: Die Unterstützung für die Ukraine ganz oben auf die Agenda zu setzen, sei eine Frage des politischen Willens. „Die Kapazitäten sind da.“

Um die weitere Ukraine-Unterstützung wird es auch am Freitag bei einem Treffen des sogenannten Weimarer Dreiecks gehen. Bundeskanzler Olaf Scholz will dazu in Berlin Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Premier Donald Tusk empfangen. Insbesondere zwischen Berlin und Paris hatte es in den vergangenen Wochen Verstimmungen gegeben. Auslöser dafür waren Äußerungen ­Macrons über den möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine. Scholz hatte ihm widersprochen.

Ein Nato-Nebenschauplatz ist derzeit der Zwist um Stoltenbergs Nachfolge. Im Oktober soll der Norweger nach rund zehn Jahren abtreten. Im Rennen um den Nato-Chefposten ist der amtierende niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Er hat starke Unterstützer: die USA, Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland.

Allerdings hat Ungarns Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán bereits angekündigt, Rutte nicht zu unterstützen. Kürzlich wurde zudem bekannt, dass sich auch der rumänische Präsident Klaus Iohannis um das Amt bewerben will. Nicht zuletzt, um die osteuropäischen Staaten im Verteidigungsbündnis zu stärken.

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