Wissing schlägt Investitionsfonds vor: Ein Geldtopf für die Infrastruktur

Verkehrsminister Wissing bringt Schwung in die Diskussion über einen Fonds für Straße und Schiene. Verbände begrüßen das – üben aber auch Kritik.

Arbeiter in Warnkleidung asphaltieren neue Autobahnstreifen am Rand eines Waldes mit einem Laster, einem Asphaltmischer und einem kleinen Bagger

Volker Wissing will einen Infrastrukturfonds, auch für Straßenprojekte Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

BERLIN taz | Ein Topf voller Geld, das mehrere Jahre lang zuverlässig in die marode deutsche Verkehrs­infrastruktur fließt, sanierte Brücken und neue Gleise ermöglicht – unabhängig von den jährlichen Haushaltsverhandlungen im Bundestag. Das fordern Ver­tre­te­r:in­nen aus Politik und Umweltverbänden schon seit Langem, zumindest für das Schienennetz.

Jetzt hat ein Vorschlag von Volker Wissing (FDP) die Debatte über einen sogenannten Infrastrukturfonds in der Bundesregierung in Schwung gebracht. Allerdings stößt der Bundesverkehrs­minister mit einigen Punkten seiner Idee auf Kritik.

Der Erhalt der Eisenbahnstrecken, Straßen und Brücken in Deutschland kostet in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro. Dafür hat Wissing eine „nachhaltige Finanzierungslösung“ gefordert und einen „Infrastrukturinvestitionsfonds“ in den Raum gestellt.

Jens Hilgenberg, BUND

„Der privatwirtschaftliche Ansatz ist nicht zielführend“

Ein solcher Fonds solle Gelder für Schienen, Straßen und Wasserwege für mehrere Jahre bereitstellen. Auch private Gelder, zum Beispiel aus Anlagen in Versicherungen oder Rentenfonds, könnten dafür fließen: Er halte es für eine gute Idee, privates ­Kapital zu mobilisieren und dann in die Infrastruktur zu ­investieren, sagte der FDP-­Politiker vergangene Woche.

Infrastruktur gegen Rendite?

„Der privatwirtschaftliche Ansatz ist nicht zielführend“, kritisiert hingegen Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Unternehmen würden nur dann in einen Infrastrukturfonds investieren, wenn sie hohe Renditen erwarten können.

Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel in das Schienennetz, lohnen sich zwar auf lange Sicht für den Bund – für An­le­ge­r:in­nen sind sie jedoch oft nicht direkt finanziell profitabel. Auch Po­li­ti­ke­r:in­nen aus den anderen Regierungsparteien verweisen darauf, dass der Fonds nicht allein aus privatem Geld bestehen könne: Es seien so hohe Investitionen in die Infrastruktur nötig, dass es auch öffentliche Mittel brauche, sagt etwa Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD.

Die Ampelkoalition wollte ursprünglich bis 2027 bis zu 45 Milliarden Euro zusätzlich in die Deutsche Bahn und die Sanierung der Schieneninfrastruktur stecken. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsplanung im November kürzte die Regierung diese Summe jedoch auf rund 27 Milliarden Euro. Straßenprojekte dagegen waren kaum von Sparmaßnahmen betroffen.

Wenn der Bund einen Infrastrukturfonds auf die Beine stellt, sei wichtig, welche Projekte damit bezahlt werden, sagt Hilgenberg vom BUND: „Möglichst viele neue Autobahnen?“, fragt der Verkehrsexperte rhetorisch. „Oder erst mal die Sanierung der maroden Brücken, Schienen und Straßen, die es schon gibt? Das ist eine entscheidende Frage.“ Instandhaltung und Schienennetz müssten klare Priorität haben, sagt Hilgenberg.

BUND wirbt für Schienenfonds

Genau wie Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen im Bundestag, wirbt er ohnehin dafür, einen Fonds allein für die Bahninfrastruktur aufzusetzen. Gastel saß in der sogenannten Beschleunigungskommission Schiene des Bundestages. Die habe dem Verkehrsministerium schon vor einer Weile empfohlen, einen Extratopf für die Schiene einzurichten, erklärt der Grüne der taz: einmal für die Instandhaltung und den Ersatz kaputter Gleise, einmal für den Neu- und Ausbau des Schienennetzes.

Doch auch da stelle sich die Frage, woher das Geld kommt, räumt Gastel ein. Eine Alternative zur Privatfinanzierung wäre, dass eine Gesellschaft für den Bahnkonzern Kredite aufnimmt und der Staat die Rückzahlung über die Zeit streckt, für die die jeweilige Infrastruktur geschaffen wird – nach österreichischem Vorbild.

Auf diese Weise würden sich die Kredite nicht in der Staatsverschuldung niederschlagen und den Bundesetat in den einzelnen Jahren nur überschaubar belasten. „Mit der Schuldenbremse sind die nötigen Investitionen nicht zu finanzieren, das ist das Grundproblem“, sagt Gastel.

Wissing will nicht an Schuldenbremse rütteln

Bei seiner Idee eines Infrastrukturfonds gehe es Wissing nicht darum, die Schuldenbremse aufzuweichen, betont ein Sprecher des Ministers. FDP-Chef Christian Lindner, der sonst für eine strikte Einhaltung der Schuldenbremse ist, hatte sich in der vergangenen Woche positiv zur Möglichkeit der Privatfinanzierung geäußert. Zu den alternativen Vorschlägen, zum Beispiel zur Finanzierung über Kredite, nahm das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der taz bis Redaktionsschluss nicht Stellung.

Wann Wissings Vorschlag realisiert werden könnte, ist unklar. Der Minister habe einen Denkanstoß geliefert, sagt sein Sprecher der taz. Jetzt müsse ausgelotet werden, wie genau ein Infrastrukturfonds auszusehen hätte, wenn er das Schienen- und Straßennetz langfristig finanzieren soll.

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