Bericht des Datenschutzbeauftragten: Warnung vor Stigmatisierung

Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber mahnt, beim Thema KI auf Grundrechte zu achten. In seinem Bericht steckt auch Kritik an der Ampelkoalition.

Kelber vor blauem Hintergrund

Ulrich Kelber, Datenschutzbeauftragter stellt seinen Tätigkeitsbericht vor Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Ob Richtlinien für Künstliche Intelligenz, die elektronische Patientenakte und die Ausspähung verschlüsselter Chatnachrichten – der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) kritisiert Vorhaben der Ampelregierung. Außerdem fordert er für den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) verbindliche Regelungen, die von einer Behörde durchgesetzt werden müssten. „Datenschutz und Privatsphäre sind Kernelemente, ohne die der sichere Einsatz von KI nicht denkbar ist“, sagte Kelber bei der Veröffentlichung des Berichtes am Mittwoch.

Bei der Umsetzung der von der EU beschlossenen KI-Verordnung müsse der Datenschutz eine wichtige Rolle spielen, fordert Kelber. Diese sieht strengere Auflagen für Gesichtserkennungssysteme und andere Anwendungen vor. Je nachdem, wie KI eingesetzt werde, berge sie „das Potenzial für Grundrechtseinschränkungen und Diskriminierungen“, mahnt er.

Auch bei der im Februar verabschiedeten elektronischen Patientenakte hat Kelber datenschutzrechtliche Bedenken. Das Gesetz sieht vor, dass alle gesetzlich Versicherten Anfang 2025 E-Patientenakten bekommen – außer man lehnt es aktiv ab. Diese Widerspruchslösung kritisiert Kelber und betont: „Umso besser muss der Zugriff auf die Daten geschützt werden.“ Dies gelte insbesondere für Daten wie beispielsweise HIV-Infektionen, Schwangerschaftsabbrüche oder psychische Erkrankungen, die zu Diskriminierung und Stigmatisierung führen könnten, wenn sie bekannt werden.

Bei der geplanten EU-Verordnung zur Chatkontrolle drängt Kelber „auf eine erhebliche, grundrechtskonforme Überarbeitung.“ Der Entwurf beinhaltet die Ausspähung privater Chatnachrichten. Wenn der Entwurf keine „durchgehende Ende-zu-Ende Verschlüsselung“ gewährleiste und „anlassloses Auslesen privater Kommunikation“ verbiete, empfiehlt er der Bundesregierung, diesen abzulehnen.

Debatte um Nachfolge von Kelber

Kelber kritisierte auch einen Vorschlag des Bundesrat-Innenausschusses, wonach Unternehmen nicht mehr verpflichtet sein sollen, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen. Kelber dazu: „Diesen Vorschlag darf man nicht als Entbürokratisierung verstehen.“ Eine ersatzlose Abschaffung würde den Unternehmen schaden, zu mehr Verstößen gegen den Datenschutz und höheren Strafzahlungen führen. Die Vorschrift besagt, dass Unternehmen mit einer Größe von mindesten 20 Personen, die sich ständig mit der Verarbeitung personenbezogener Informationen beschäftigen, einen Datenschutzbeauftragten benennen müssen.

Kelber ist nach einer fünfjährigen Amtszeit seit Januar nur noch kommissarisch im Amt. Der Bundestag hat sein Mandat nicht verlängert. Kelber selbst zeigt sich offen für eine zweite Amtszeit. Dies ist jedoch unwahrscheinlich.

Vertreter der Zivilgesellschaft kritisierten in einem offenen Brief die Bundesregierung wegen des Umgangs mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten: Diese schade dem Amt „in noch nie dagewesener Weise“, heißt es in dem Schreiben. Auch Kelber machte klar, dass die Spekulationen um sein Amt den Datenschutzbeauftragten bei internationalen Verhandlungen schwäche.

Noch bis zum 6. Juli kann Kelber sein Amt kommissarisch weiterführen. Die Ampel-Koalition hatte beschlossen, dass Grüne und FDP einen Personalvorschlag vorstellen.

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