Wohnungsbautag in Berlin: Wo bleibt die Gemeinnützigkeit?

Weniger Vorschriften und Bauen im Bestand sind richtige Maßnahmen. Aber um die Wohnungskrise nachhaltig zu lösen, braucht es einen Systemwechsel.

Baugerüste sind aun einem Wohnhaus in Berlin zu sehen. Symbolbild

Es gibt beschämend wenig barrierefreie Wohnungen Foto: Soeren Stache/dpa

Weniger Zuckerguss fördern, sondern bezahlbares Schwarzbrot – das will das Verbändebündnis Wohnungsbau. Gemeint ist: die Baustandards senken, weniger Keller, weniger Aufzüge, weniger Schallschutz. An knackigen Zitaten fehlte es nicht zum Wohnungsbautag am Donnerstag, dafür aber an Selbstreflexion.

Natürlich stimmt es: Die Herausforderungen sind gewaltig. Die Bauzinsen sind gestiegen, die Materialkosten auch, es fehlen Fachkräfte, die auch keine Wohnungen mehr finden; die Baugenehmigungen brechen ein. Gleichzeitig brauchen wir mehr Wohnungen. Dieses Dilemma lässt sich nur schwer auflösen.

Dass nun mehr staatliches Fördergeld gefordert wird, ist wenig überraschend. Und es ist schon was dran, wenn der Mieterbund-Präsident anmahnt, dass die Bundesregierung die Wohnungsnot genauso wichtig nehmen sollte wie das Thema Verteidigung – auch finanziell. Doch wichtig ist ja nicht nur, dass gebaut wird, sondern auch, was gebaut wird.

Lange Zeit hat die Branche, die jetzt laut klagt, mit niedrigen Zinsen in Goldgräberstimmung am Bedarf der Menschen vorbei gebaut. Sie hat die Wohnungsnot damit selbst mit angefeuert. Das Ergebnis lässt sich nahezu in jeder Stadt besichtigen: Große Bürokomplexe und Luxuswohnungen mit Wasserblick für die Wohlhabenden dieser Welt. Die Zahl der Sozialwohnungen ist dagegen weiter im Sinkflug. Und: Es gibt beschämend wenig barrierefreie Wohnungen in einer alternden Gesellschaft.

Es ist richtig, alle Bauvorschriften mal auf Sinnhaftigkeit abzuklopfen. Nur an Inklusion und Klimaschutz sollte nicht gespart werden. Bauen im Bestand, mit Aufstockung oder durch Umwidmung von Büroflächen, ist ein Schlüssel. Doch es bedarf auch eines Richtungswechsels: Gebraucht wird eine gemeinwohlorientierte Politik, die Akteure unterstützt, die Wohnen nicht als Finanzanlage, sondern auch als Versorgungsauftrag verstehen. Die neue Wohngemeinnützigkeit lässt leider immer noch auf sich warten.

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Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.

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