Kiffen, Kinder und Kritik am ÖRR: Gedankenlosigkeit und Denkmäler

Cannabis wird teillegalisiert, der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung stößt auf Kritik und manche wünschen sich neue Öffentlich-Rechtliche.

Christian Lindner und Lisa Paus vor blauen Hintergrund während einer Pressekonferenz

Eine kinderlose Beziehung: Christian Lindner und Lisa Paus zur Kindergrundsicherung. Bundespressekonferenz, August 2023 Foto: Florian Gärtner/imago

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Schröder wird zum 80sten wegen Putin gedisst.

Und was wird besser in dieser?

Schröder wird zum 80sten wegen Agenda gedisst.

Gras ist jetzt legal. Wie haben Sie gefeiert?

Hatte Montag in einem Straßencafé massiv Passivrauch in der Nase. Schickte liebevolle Gedanken an Kumpels, die seit der Schulzeit psychotisch sind.

Mitarbeitende der Öffentlich-Rechtlichen u. a. haben ein „Manifest“ veröffentlicht, in dem sie sich für eine Erneuerung ihres Arbeitgebers einsetzen. Handelt es sich um ein Dokument von schwurbelnden „Flitzpiepen“ (MDR-Altpapier) oder gibt es mehr zu entdecken?

Werbefreiheit, Freigabe der Archive, mehr Lokaljournalismus, mehr Mitsprache fürs Publikum, weniger Einrede der Politik. Eigene digitale Plattformen unabhängig von Weltenherrscher-Oligarchen. Ich hätte es gleich unterschrieben, wenn nicht bunt drunter erbrochen ein Hagel von 60er-Jahre-Trödel käme wie „Radiokunst Hörspiel“, Arbeit „überwiegend in Festanstellung“ oder der Ausschluss von Produktionsfirmen. Und immer wieder Hass auf Quote und Reichweite, der die Grundsatzfrage stellt: Warum wollen Menschen bei Massenmedien arbeiten, die die Massen verabscheuen oder bestenfalls belehren wollen? Parallel dazu entwickelt die „Deutsche Akademie für Fernsehen“ eine „road map“ zu einem „Medienkonvent“. Dort sind auch die Neuen Deutschen Medienmacher und die Arbeitsgemeinschaft der RedakteurInnen-Ausschüsse engagiert, was in Summe den mittleren Schwurbelkoeffizienten stark senken sollte. Hin zu einem notwendigen Streit um den ÖRR.

Deutschland muss sich nächste Woche vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten. Nicaragua wirft der Bundesregierung vor, dass sie mit ihrer Unterstützung für Israels Gaza-Krieg Beihilfe zum Völkermord leistet. Muss Olaf Scholz bald nach Den Haag?

Deutschland hat, anders als 72 Prozent der UN-Staaten, den Palästinensischen Staat völkerrechtlich nicht anerkannt. Deshalb darf man Nicaragua, in diplomatischen Beziehungen mit beiden Ländern, getrost auch als Platzhalter für eine direkte Klage Palästinas gegen uns sehen. Die Anklage des Völkermordes wird der Internationale Gerichtshof nicht kurzfristig entscheiden, er leitet allerdings humanitäre Forderungen aus dem schwebenden Verfahren ab. In die hinein will Nicaraguas Klage die Deutschen zwingen. Kanzler Scholz kann sich darauf berufen, dass es für ihn das Subjekt „Palästina“ juristisch nicht gibt und fernbleiben.

Der Gesetzesentwurf von Familienministerin Lisa Paus für die Kindergrundsicherung stößt in der Koalition auf Kritik: Sind 5.000 neue Beamtenstellen zu viel verlangt für unsere Kids?

Nach einem Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundes­tages gibt es in Deutschland, Stand 2019, „rund 150 verschiedene familien- und ehebezogene Maßnahmen“. Und Kinderarmut. Denn da sind Goodies ­drunter wie das schreiende Unrecht, dass auch Milliardäre Kindergeld bekommen, Bürgergeld-Empfänger jedoch nicht. Dass kinderlose Paare Steuervorteile einsacken, Familien ohne Ehedach jedoch nicht. Und reichlich weiße Salbe, also Leistungen, die unbekannt und formularbewehrt nahezu nicht abgerufen werden. Der Blockflötenunterrichtskostenzuschuss für Hartz-Kinder, wer kennt ihn nicht. Die Kindergrundsicherung wird das er­gänzen, nicht aufheben. Mit Glück wird’s digitaler und verständlicher. Paus und Lindner könnten sich ein Denkmal ins Kinderzimmer rammen, diese Metastasen des Nichts abzuräumen und ein System aufzusetzen, das Kindern zielgenau hilft. Stattdessen brüllen die Scheidungseltern Paus und Lindner Gehässigkeiten übern Flur. Noch eine Beziehung, die kinderlos bleibt.

Im Fall Föderl-Schmid kann die zuständige Uni Salzburg „kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten“ feststellen. Wer muss sich jetzt für was entschuldigen – und ist bei der SZ nun wieder alles gut?

Einer Sache, die zum Teil aus lebensgefährlicher Meinung bestand, ist keine weitere hinzuzufügen.

Die DB will eine S-Bahn-Trasse bauen, die Teile des Berliner Denkmals für Sinti und Roma beschädigen könnte. Welches Denkmal würden Sie gern einmal stürzen?

Von mir aus kann die Bahn die Hindenburgstraße in Essen oder den Hindenburgdamm nach Sylt hoch- und runterfahren, wenn sie dafür das Denkmal für die Opfer auch seiner Politik in Ruhe lässt.

Und was machen die Borussen?

An vielen Brücken der Stadt hingen, wie im Stadion, Banner zu Ehren des 50sten Geburtstages des Westfalenstadions. Ein schlechter Tag für einen Ausflug des Signal-Iduna-Vorstandes.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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