Aktion gegen Luxusautos in Bremen: Klimaprotest bremst Mercedes aus

Klimaschutz-Ak­ti­vis­t*in­nen protestieren gegen die Produktion von Luxusautos beim Mercedeswerk. Sie fordern eine sozial-ökologische Verkehrswende.

Menschen in gelben Westen blockieren Gleise, neben ihn steht ein Polizist

Protest in Bremen: Ein paar Ak­ti­vis­t*in­nen und einige Ketten reichen, um die Abläufe durcheinander zu bringen Foto:

BREMEN taz | Als die Nachtschicht das Werk verlässt, sind die Ak­ti­vis­t*in­nen bereits dabei, sich an die Werksschienen zu ketten. Kurz nach sechs Uhr früh am Montagmorgen haben sie die Gleise des Mercedeswerks in Bremen betreten. Ihr Ziel ist es, den Abtransport von Autos zu blockieren. Ihre Hände sind an Ketten befestigt, die durch betonverkleidete Rohre unter den Schienen gezogen wurden. So berichtet es die Pressesprecherin der Aktion, Karla Pfeiffer.

Parallel zu dieser Blockadeaktion auf den Werksgleisen eilt am Montagmorgen eine weitere Gruppe Ak­ti­vis­t*in­nen in der Dämmerung zum Mercedes-Kundencenter. Als sie dort bemerkt werden, sind zwei von ihnen bereits bis unter das Vordach geklettert und haben ein Banner aufgehängt. „Bahn und Bus statt Autostuss“ steht drauf.

Vier Polizisten beobachten die Aktion. Neben ihnen: ein mehr als zwei Meter hoher Mercedesstern in der Einfahrt des Kundencenters und ihr Polizeiwagen – ein Mercedes. Eine dritte Gruppe – aus mal drei und mal vier Ak­ti­vis­t*in­nen bestehend – nimmt derweil auf Campingstühlen gegenüber des Mercedes-Geländes auf dem Gehweg Platz.

Mobilisierung auch gegen Tesla

Die ganze Aktion gegen Mercedes ist von der Allianz „Disrupt“ organisiert worden und richtet sich gegen die Produktion von besonders klimaschädlichen Luxusautos. Nicht zum ersten Mal steht ein Autokonzern im Fokus der Aktivist*innen: Disrupt mobilisiert derzeit beispielsweise für Aktionstage gegen den Autohersteller Tesla im brandenburgischen Grünheide. Auch Volkswagen im niedersächsischen Wolfsburg ist von den Disrupt-Ak­ti­vis­t*in­nen bereits kritisiert worden.

Disrupt ist ein recht neuer Akteur in der antikapitalistischen Klimagerechtigkeitsbewegung. Die Allianz habe sich erst im vorigen Sommer gegründet. Man sei ein aktivistischer Zusammenschluss, erklärt Sprecherin Pfeiffer. Kleingruppen brächten ihre Aktionen genauso ein wie beispielsweise die bekannte Klimagruppe Ende Gelände. Zentral sei die geteilte Überzeugung, Klimagerechtigkeit nicht im Rahmen kapitalistischer Strukturen erreichen zu können, so Pfeiffer.

Eine Sprecherin von Mercedes positionierte sich am Montag nur knapp zu der Blockade und der Kritik der Aktivist*innen: Mit Blick auf Klimaschutz und Verkehrswende wies sie auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens hin. Die Blockaden hätten weder die Produktion im Werk, noch die Fahrzeugauslieferung im Kundencenter beeinträchtigt. Dazu, inwiefern die Gleisblockade den Schienenverkehr des Unternehmens behindert habe, macht sie keine Angaben. Für die laufenden Geschehnisse stehe das Unternehmen mit den zuständigen Behörden im Kontakt.

Umweltschädliche SUVs

Von der Öffentlichkeit unbemerkt blieb die Aktion am Montag aber nicht. Denn aus Sicherheitsgründen musste der Personenverkehr auf den nahegelegenen Gleisen für etwa 1,5 Stunden eingestellt werden. Eine Passantin sagte, sie sei nicht gegen Autos. Aber weniger Auto zu fahren und Bus und Bahn zu fördern, das könne sie nur befürworten – auch wenn sie die Form des Protests zu extrem finde. Ganz auf Autos zu verzichten, halte sie aber für falsch: Auch sie sei einfach manchmal auf ihr Auto angewiesen.

Dass sie ausgerechnet das Mercedes-Werk blockiert haben, sei kein Zufall, erklärte Lea Müller. Die Aktivistin ist Sprecherin der Protestaktion am Kundencenter. Das Unternehmen stelle vor allem besonders umweltschädliche Luxusautos, insbesondere SUV her. Es brauche, so ihre Forderung, eine umfängliche Mobilitätswende. Viele Menschen seien in Ermangelung eines gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs derzeit auf Autos angewiesen.

Aber dieser Alltagsbedarf sei klar abzugrenzen von den Luxusprodukten, die Mercedes in Bremen vor allem herstelle. Dass der Konzern damit Milliardengewinne mache, sei nicht zu rechtfertigen. Sie zeigt durch die Glastür auf die ausgestellten SUV im Kundencenter: „Das ist ein Luxus, der auf Kosten aller geht.“

E-Autos reichen nicht

Auch eine Antriebswende hin zur Elektro-Automobilität sei nicht ausreichend: Die gehe vor allem zulasten der Länder, in denen die notwendigen Rohstoffe, wie Lithium, abgebaut werden. Ihre Aktion solidarisiere sich deshalb mit Protesten im Globalen Süden, wie denen gegen Lithiumabbau in Chile. „Wir müssen raus aus der Autoabhängigkeit“, sagt Müller.

Gegen Mittag wurde die Blockade dann aufgelöst und die Polizei hatte die vier Personen mithilfe von technischen Spezialkräften von den Gleisen entfernt. Die beiden Aktivist*innen, die unter das Vordach geklettert waren, haben sich nach Angaben der Polizei freiwillig abgeseilt. Dennoch wurden alle sechs zur Identitätsfeststellung und für weitere polizeiliche Maßnahmen auf eine Wache mitgenommen.

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