Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof: Mehr als 70 Filialen sollen bleiben

US-Investor NRDC und Unternehmer Bernd Beetz übernehmen die Kaufhauskette. Verdi appelliert an sie, in Filialen und Beschäftigte zu investieren.

Blick auf den Eingang des Kaufhauses Galerie Karstadt Kaufhof.

Die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat neue Eigentümer Foto: Jörg Carstensen/dpa

BERLIN taz | Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi appelliert an die neuen Eigentümer der Warenhauskette Galeria, langfristig in Beschäftigte und Standorte zu investieren. „Der neue Eigentümer sollte gemeinsam mit den Beschäftigten ein modernes Zukunftskonzept entwickeln und auf den Weg bringen, das die Stärke der Warenhäuser ausspielt: ein breites Sortiment gepaart mit guter Beratung“, erklärte Verdi-Vorstandsmitglied Sabine Zimmer am Mittwoch. „Vorschläge hierzu haben die Beschäftigten schon erarbeitetet, sie sind bislang nicht aufgegriffen worden.“ Galeria beschäftigt derzeit noch 12.800 Menschen.

Das Unternehmen ist in Zuge der Signa-Pleite in Schieflage geraten. Wie Galeria nun am Mittwoch mitteilte, will ein Konsortium um den US-Investor NRDC und den Unternehmer Bernd Beetz von den derzeit noch 92 Standorten „voraussichtlich mehr als 70 Filialen deutschlandweit übernehmen“. Auch die Unternehmenszentrale werde an die reduzierte Warenhausgröße angepasst, „mit dem Ziel, Galeria wie ein mittelständisches Unternehmen zu führen“.

Die endgültige Entscheidung, wie viele Filialen letztlich gerettet werden, soll Ende April fallen. Sie hängt auch von Verhandlungen zwischen Vermietern, der Geschäftsführung und dem Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus ab. Denkhaus soll bis voraussichtlich Ende Juli 2024 die Kontrolle über Galeria behalten. Derzeit wird mit dem Betriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt.

Experten bezweifeln, dass Galeria als Ganzes eine Zukunft hat. „Das Konzept Warenhäuser ist schon länger in der Krise, weil sie mit dem Internet nicht mithalten können“, sagt Einzelhandelsexperte Christian Rusche vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) der taz. Onlinehändler würden sowohl beim Preis als auch bei der Auswahl gegenüber den Warenhäusern punkten. Die Folge: Laut Statistischem Bundesamt sind die Umsätze der Kaufhäuser in den letzten 20 Jahren nach Abzug der Inflation insgesamt um 34,8 Prozent gesunken, während jene des Versand- und Onlinehandels um 170,1 Prozent stiegen.

Pandemie verschärfte Situation

Die Corona-Pandemie hat die Krise des Einzelhandels weiter verstärkt. „Der zweite Lockdown war der Genickbruch für Galeria“, sagt Rusche. Im Januar meldete das Unternehmen zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren Insolvenz an. Rusches Einschätzung deshalb: Gewisse Filialen mit besonderen Merkmalen könnten überleben. „Galeria in seiner jetzigen Ausrichtung hat keine Zukunft.“

Denn was die Situation noch erschwert, ist die allgemeine Wirtschaftslage. „Die Kaufkraft ist seit der Coronakrise in breiten Schichten der Gesellschaft stark gesunken“, so Rusche. Die gestiegene Inflation habe die Haushalte belastet. Zuletzt stagnierten die Reallöhne mehr oder weniger, in den Vorjahren waren sie sogar dramatisch gefallen, im Jahr 2022 um rekordmäßige vier Prozent. „Darunter leidet auch der Einzelhandel“, sagt Rusche. Die Umsätze der Kauf- und Warenhäuser gingen im vergangenen Jahr real um 3,9 Prozent zurück.

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