Berliner Häuserkämpfe: Kein Recht auf Gewinnoptimierung

Der Eigentümer der Habersaathstraße darf Mie­te­r:in­nen nicht kündigen, weil er abreißen und neu bauen will. Das hat nun das Landgericht entschieden.

Fassade mit Transparenten gegen Abriss vom ehemals leerstehenden und nun bewohnten Haus in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte

Stand mal leer, ist nun bewohnt: Das Haus in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte Foto: Sven Käuler / dpa

BERLIN taz | Die verbliebenen Alt­mie­te­r:in­nen des Gebäudes in der Habersaathstraße 40–48, einem erst 1984 errichtetem Plattenbau in Mitte, wehren sich weiter erfolgreich gegen die Abriss- und Neubaupläne des Hauseigentümers. Wie der Mie­te­r*in­nen­bei­rat der Häuser der taz mitteilte, hat die Arcadia Estates erneut eine juristische Niederlage einstecken müssen.

Das Landgericht Berlin hat in einem nun veröffentlichten Beschluss von Mitte März ihre Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen. Damit ist die Eigentümerin mit dem Versuch gescheitert, Mie­te­r*in­nen mit der Begründung zu kündigen, dass sie nicht genügend Profit aus den Wohnungen schlagen könne.

Diese sogenannten Verwertungskündigungen hatte das Amtsgericht im vergangenen Jahr bereits in 6 Fällen widersprochen und dabei mit klaren Worten zurückgewiesen. Dem schloss sich das Landgericht nun an. In dem Beschluss heißt es: „Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags ein erheblicher Nachteil entsteht, ist vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und des Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen.“

Dabei kommt das Gericht zu dem eindeutigen Schluss: „Das Eigentum gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen.“ In der Entscheidung wird zudem betont, dass das Besitzrecht des Mieters an seiner Wohnung ebenfalls gesetzlich geschütztes Eigentum ist.

Wohnraum keine Ware

Be­woh­ne­r*in­nen und Un­ter­stüt­ze­r*in­nen können sich damit in ihrer Argumentation bestätigt sehen, dass Wohnraum nicht zur Ware werden dürfe. „Nun ist es also amtlich und der erste Fall ist endgültig gewonnen“, kommentiert Altmieter Daniel Dieckmann die Entscheidung erfreut.

Das Haus ist längst zu einen Symbol für den ausdauernden Kampf gegen Leerstand und Verdrängung geworden. Wenige Alt­mie­te­r:in­nen wehren sich seit Jahren gegen ihre geplante Verdrängung und einen Abriss des intakten Hauses. Teil des Kampfs waren auch mehrfache Besetzungen leerstehender Wohnungen durch wohnungs- und obdachlose Menschen.

Auch wenn der Sekt für die Siegesfeier schon kalt gestellt wird, vorbei sind die juristischen Auseinandersetzung zwischen der Arcadia und den Be­woh­ne­r*in­nen noch nicht. Vor dem Amtsgericht Mitte soll am 23. April über eine weitere Klage entschieden werden.

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