Entscheidung in der Fußball-Bundesliga: Verneigung vor dem Meister

Nach dem 1:0-Erfolg von Bayer Leverkusen bei Union Berlin steht Bayer Leverkusen vor dem Titelgewinn. Am Sonntag soll schon gefeiert werden.

Eine Spielertraube aus Leverkusener Kickern beim Torjubel

Jubel vor der großen Feier: Leverkusens Spieler freuen sich gemeinsam über den Treffer zum 1:0 Foto: ap

BERLIN taz | Da sieht man den kommenden deutschen Meister kicken und hat doch das Gefühl, am falschen Ort zu sein. Die große Geschichte dieses 28. Spieltags in der Männerfußballbundesliga wurde gewiss drunten an der Brenz in Heidenheim geschrieben, wo sich der FC Bayern München mit 2:3 blamiert hat. Ja, das hätten sie sofort nach dem Schlusspfiff erfahren, erzählte Granit Xhaka, der Taktgeber des Leverkusener Erfolgsfußballs, nach dem 1:0-Sieg bei Union Berlin.

Und es war ihm ebenso wie Lukas Hradecky, dem Torhüter und Kapitän der Bayer-Sportgruppe, anzumerken, wie froh sie sind, dass sie nun, da der Vorsprung auf den FC Bayern auf satte 16 Punkte angewachsen ist, endlich frank und frei darüber sprechen können, dass sie Meister werden wollen. Und das am liebsten schon am nächsten Sonntag. Ein Sieg gegen Bremen soll her, dann darf gefeiert werden.

Vielleicht redet Fußballdeutschland ja dann endlich mit dem gebührenden Respekt über die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso, anstatt entsetzt oder höhnisch den Absturz des FC Bayern zu kommentieren. Auch beim nun wahrlich nicht glänzenden Sieg in Berlin hat das Leverkusener Team gezeigt, wie gut es sein kann. Was die Mannschaft um den wie immer spielfreudigen Wunderbubi Florian Wirtz in der ersten halben Stunde auf den Platz gebracht hat, darf man getrost als perfekt bezeichnen. So schlecht hat Union auch zu Zeiten, als es unter Urs Fischer eine Niederlage nach der anderen setzte, nie ausgesehen. Union konnte einfach nicht mithalten.

Auch Alonso gefiel natürlich gut, was er da gesehen hat. Er sagte, die Partie sei ein Spiegelbild der ganzen Saison gewesen. Denn auch diesmal habe man gesehen, wie man sich vorbereitet habe, dass man „mit einer guten Mentalität“ ins Spiel gegangen sei. Wenn das so bleibe, „können wir vielleicht am nächsten Sonntag etwas feiern“, so Alonso. Zwingender im Abschluss hätten sie schon sein können, die Leverkusener, das weiß auch der Trainer.

Und in der zweiten Hälfte, als Union nur noch zu zehnt auf dem Platz stand, sei man trotz der 1:0-Führung „zu konservativ“ gewesen. Kurz vor Schluss, als Union ein paar Ecken hintereinander in den Leverkusener Strafraum schlug, ist so direkt noch einmal der Eindruck von Spannung aufgekommen.

Provozierter Platzverweis

Klar, auch darauf wurde Alonso angesprochen, ob das, was er als Spieler des FC Bayern einst mitbekommen hat, dieses breitbrüstige „Mia san mia“, dieses sogenannte Bayern-Gen, nun auf die Leverkusener übergegangen sei, denen in den vergangenen Wochen bei knappen Situationen das Glück beinahe immer hold gewesen ist. „Nein, ich möchte da nichts vergleichen“, wehrte der Gefragte ab und ging nicht weiter auf die Szene ein, die zum Handelfmeter führte, den Florian Wirtz in der Nachspielzeit der ersten Hälfte in die 1:0-Führung umgemünzt hat.

Unmittelbar davor war Unions Verteidiger Robin Gosens wegen wiederholten Foulspiels mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen worden. Darüber sprach Alonso sehr wohl, und was er sagte, macht deutlich, dass sein Team nicht nur mit spielerischen Mitteln versucht, zum Erfolg zu kommen. Schon in der 9. Minute hatte Gosens nach einem Foul an Leverkusens rechtem Flügelspieler Nathan Tella Gelb gesehen. Der lief den offensichtlich überforderten ehemaligen Nationalspieler ein ums andere Mal an, um weitere Fouls zu provozieren. Der Plan ging auf. Gosens ist nun für das Spiel in Augsburg am Freitag gesperrt und hat einen Spieltag länger Zeit, die Knoten zu entknüpfen, die ihm Tella in die Beine gespielt hat.

Dabei ist jener Tella nur eine von zwei Leverkusener Optio­nen auf der rechten Seite. In der 79. Minute kam mit Jeremie Frimpong der andere Hingucker auf dieser Position ins Spiel. Union-Trainer Nenad Bjelica hatte schon recht, als er nach dem Spiel gesagt hat, dass einer der Gründe für Leverkusens Erfolg der breite Kader ist.

Fünf andere Gründe nannte er auch noch: einen guten Trainer, gute Spieler und deren technische Begabung, das Umschalt­spiel nach Ballverlusten und den „tollen Charakter“, der sich darin zeige, dass die Mannschaft so viele Spiele in den letzten Minuten gewonnen habe. Viel mehr Gründe gebe es noch, so Bjelica, aber dafür sei keine Zeit in der Pressekonferenz, sonst würden die Leverkusener noch ihren Rückflug verpassen. Es war eine angemessene Verneigung vor dem kommenden deutschen Meister, der in diesem Scherz mündete.

Vor diesem liegt nun eine merkwürdige Woche. Die Vorfreude auf das Spiel gegen Werder Bremen am Sonntag, das ja gefälligst in die Meisterfeier münden soll, wird noch unterbrochen vom Viertelfinalhinspiel gegen Westham United in der Europa League am Donnerstag. Auch in dem Wettbewerb will Bayer bis zum Ende dabei sein. Zuzutrauen ist es der Mannschaft.

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