Hype um Pistazien: Die Jagd nach den grünen Diamanten

Pistazien hat unser Autor schon immer geliebt. Nun sollen sie bald überall drin sein. Doch er weiß nicht, was er davon halten soll.

Viele Pistazien.

Wird jetzt alles aus Pistazien gemacht? Foto: Hermann J. Knippertz/ap

Als ich ein Kind war, gab es in meiner Wahrnehmung vier Standardeissorten: Vanille (klar). Schokolade (auch klar). Erdbeer (mochte ich nicht, aber ich wusste, dass es wichtig war). Und, mein Liebling: Pistazie. Erst viele Jahre später verstand ich, wo Pistazie als Eissorte steht. Zwar nicht so exotisch ist wie „Süßkartoffel-Grießbrei“ oder „Staub“, aber auf keinen Fall Top 4, nicht mal zwingend Top 10.

Meine Liebe zu Pistazien hat also früh begonnen, und sie dauert bis heute an. Wobei ich vom Ausmaß der Liebe lange nichts ahnte, weil es in Deutschland kaum Dinge mit oder aus Pistazien gab, außer eben Eis, geröstete Pistazienkerne aus der Tüte und Mortadellascheiben.

Erst nach und nach entdeckte ich ihre Vielfalt: In den arabischen Konditoreien, die ich rund um die Berliner Sonnenallee besuchen kann, sind Pistazien auf Baklava und vielen anderen Gebäckstücken. Auf Italienreisen gehören üppig mit Pistaziencreme gefüllte Cannoli und Cornetti zum Standard, von dort habe ich auch ein grandioses Rezept für Ricotta-Pistazienkekse. Oder denken wir an Pistazienpesto! Denn zu den Vorteilen der Pistazie gehört ja, dass sie süß und salzig funktioniert, was sie übrigens auch zu einem tollen Topping macht.

Bloß, weiterhin: Kaum in Deutschland. Wir haben schlichtweg keine Pistazienkultur. Doch das könnte sich ändern! Vor kurzem titelte der Wiener Standard: „Wird nun alles mit Pistazie gemacht?“ Und auch die Stuttgarter Zeitung weiß: „Pistazien überrollen gerade den Kessel“. Angeschoben wurde der Trend wohl, mal wieder, von Instagram und Tiktok.

Was einleuchtet, denn Optik ist bei Social-Media-Foodtrends Trumpf, und das leuchtende Giftgrün von Pistazienkernen bzw. -creme macht einfach sehr viel her. In dieser Hinsicht sind Pistazien der ideale, quasi komprimierte Nachfolger der Avocado, deren Hypecycle langsam endet, und die außerdem wegen ihres hohen Wasserverbrauchs unter Beobachtung steht.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Bald könnte es also alles aus Pistazien geben, aber macht mich das glücklich? Ich weiß es nicht. Pistazien sind teuer, mehr Nachfrage dürfte das nicht besser machen. Und falls jetzt der Iran (drittgrößter Pistazienproduzent der Welt) härter sanktioniert wird, steigen die Preise zusätzlich. Außerdem verbraucht auch der Pistazienlandbau viel Wasser, 11.000 Liter pro Kilo, das ist mehr als das Siebenfache von Avocados und das Hundertfache von Tomaten (wobei man zugegebenermaßen auch deutlich weniger Pistazien pro Einsatz braucht).

So könnten Pistazien für mich wohl auch in Zukunft ein süßer exklusiver Luxus bleiben. Manchmal schmeckt es ja auch gerade deswegen gut.

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Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.

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