Pränataltests auf Downsyndrom: Es geht nicht um Behindertenrechte

Abgeordnete wollen die Folgen der Kassenzulassung des Trisomien-Bluttests untersuchen lassen. Sie glauben, es fehle an Beratung. Das ist falsch.

Reagenzgläser in einer roten Halterung

Schwangere können ihr Ungeborenes seit 2022 kostenlos auf Trisomien testen Foto: Sebastian Gollnow/dpa

In die falsche Richtung zielt ein Antrag zu nicht invasiven pränatalen Bluttests (NIPT) auf das Downsyndrom und andere Gendefekte, über den am Mittwoch im Bundestag abgestimmt wird. Dieser fordert die Bundesregierung dazu auf, die Folgen der Kassenzulassung des Tests untersuchen zu lassen.

An sich ist das sinnvoll, denn die Kostenübernahme ist nicht an eine Indikation geknüpft. So kann jede Schwangere einen solchen Test machen lassen. Medizinisch ergibt das keinen Sinn, weil die Falsch-positiv-Rate bei Jüngeren hoch ist und ein positives Ergebnis invasive Untersuchungen wie eine Punktion von Fruchtblase oder Plazenta zur weiteren Abklärung nach sich zieht. Zudem warnen Prä­na­ta­l­me­di­zi­ne­r:in­nen, dass sich Schwangere nach einem negativen Ergebnis in falscher Sicherheit wiegen und andere Fehlbildungen erst sehr spät entdeckt werden.

Doch darum geht es den An­trag­stel­le­r:in­nen nicht. Sie fokussieren auf Beratung – für die Schwangeren, noch bevor sie den Test machen lassen und für den Fall, dass dieser positiv ausfällt. Dahinter steckt die Überzeugung, dass sich dann mehr Eltern für das Leben mit einem behinderten Kind entscheiden. Das erinnert nicht von ungefähr an die in Paragraf 218 festgeschriebene Zwangsberatung vor Schwangerschaftsabbrüchen bis zur zwölften Woche nach Empfängnis: Ein Teil der Abgeordneten, die den Antrag unterzeichnet haben, verknüpft den Einsatz für Behindertenrechte mit dem Kampf gegen Abtreibung.

Doch werdende Eltern können selbst entscheiden, ob sie sich das Leben mit einem Kind zutrauen. Im Fall einer vor der Geburt diagnostizierten Behinderung wissen sie, dass sie einen lebenslangen Kampf um Inklusion vor sich haben. Deshalb versuchen sich viele möglichst früh in der Schwangerschaft abzusichern. Das war auch schon so, bevor der Bluttest eingeführt wurde.

Dass man das Kind nicht „gesund testen“ kann, sagen ihnen Ärz­t:in­nen, die mehrheitlich verantwortungsvoller handeln, als ihnen der Antrag unterstellt. Es gibt Schwangere, die hin- und hergerissen sind. Für diese existieren bereits Beratungsangebote. Sie würden nur wenig nachgefragt, sagen die Beratungsstellen. Wer die Probleme lösen will, die die Kassenzulassung geschaffen hat, sollte den Blick nicht auf Behindertenrechte verengen.

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Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.

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