CDU und AfD bei Kommunalwahl am 26. Mai: Bodyguard durchbricht Brandmauer

In Thüringen kandidiert der Geschäftsführer einer Security-Firma doppelt bei der Kommunalwahl – für CDU und AfD. Linke und Grüne fordern Konsequenzen.

Symbolbild zum Thema Wahlen in Thüringen mit Ansteckbuttons der CDU, AFD und der anderen Parteien

Parteien zur Wahl in Thüringen: Viele Ansteckbuttons zur Auswahl Foto: imago

HAMBURG taz | Ein Mann, zwei Parteien: Bei der Kommunalwahl am 26. Mai in Thüringen bewirbt sich Frank Böwe um den Wiedereinzug in den Stadtrat von Ruhla und in den Kreistag des Wartburgkreises. In Ruhla tritt der Geschäftsführer einer großen Security-Firma auf Platz 10 der CDU-Liste an, für den Kreistag kandidiert er auf Platz 22 der AfD-Liste. Rechtlich möglich, politisch fragwürdig, so nennt das die Thüringer Co-Vorsitzende der Linken, Ulrike Grosse-Röthig. Sie fordert, dass der CDU-Landes­chef und Ministerpräsidenten-Kandidat Mario Voigt „umgehend für Klarheit sorgen muss“.

Seit Monaten befürchten sowohl Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­r*in­nen verschiedenster Couleur als auch Po­li­ti­ke­r*in­nen demokratischer Parteien, dass die CDU in Thüringen die ohnehin brüchige Brandmauer gegen die AfD weiter einreißen könnte. Nachdem der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke unlängst in erster Instanz wegen der Verwendung einer SA-Parole verurteilt worden war, erklärte Voigt zwar, dass Höcke im Freistaat keine politische Verantwortung bekommen dürfe. „Wenn Voigt aber nun nicht handelt, dann sind seine jüngsten Äußerungen nur heiße Luft“, so Grosse-Röthig, die bei der Landtagswahl im September für die Linke kandidiert.

Diese Bedenken hegt auch Madeleine Henfling. Die Spitzenkandidatin der Grünen sagt: „Auf kommunaler Ebene ist wirklich zu fragen, wo die CDU hier eine Brandmauer zur AfD zieht.“ Sie kritisiert die Union auch für einen ähnlichen Fall: Die CDU hat Robby Schlund, einen Ex-AfD-Bundestagsabgeordneten mit einschlägigen Verbindungen, für die Kreistagswahl in Greiz aufgestellt.

Die Sorgen und Mahnungen kommen – auch wegen Abstimmungen im Erfurter Landtag – nicht von ungefähr. In Thüringen war 2020 der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Kemmerich mit Stimmen der CDU, AfD und seiner Partei für wenige Tage Ministerpräsident des Freistaates. 2023 setzten diese drei Parteien im Landtag zusammen die Senkung der Grunderwerbsteuer durch. Dazu kamen gemeinsame Abstimmungen zu den Themen Gender und Windkraft.

Der Kommunalpolitiker Frank Böwe ist in Thüringen kein Nobody. Auf ihrer Website führt seine Security-Firma mit Hauptsitz in Schmalkalden als Referenzen große und kleine Firmen, verschiedene Medien und die örtliche CDU an.

Auch seine politische Positionierung ist schon länger bekannt. Für Klarheit hätte die CDU bereits 2021 sorgen müssen, sagt die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke). Ihr war vor fast drei Jahren aufgefallen, dass Böwe schon da für die CDU im Stadtrat und für die AfD im Kreistag saß. Auf der Internetseite der Stadt Ruhla wird der Geschäftsmann als Mitglied der CDU-Fraktion geführt, auf der des Landkreises wird seine Zugehörigkeit zur AfD-Fraktion angegeben. Die Frage der taz, warum die Landes-CDU das doppelte Spiel duldet, beantwortet die Partei nicht. Ein Sprecher sagte nur: „Der Vorgang ist uns bekannt und wird derzeit zunächst intern geprüft.“

Union und AfD scheinen bisher auch über die rechtsextremen Verstrickungen ihres Mandatsträgers hinwegzusehen. Böwes Name tauchte laut König-Preuss im Landtagsuntersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund auf – im Kontext von Verbindungen zwischen Rechtsextremen und der organisierten Kriminalität rund um die Hells Angels.

Außerdem soll laut Belegen, die der taz vorliegen, in Böwes Firma, die seit 1995 besteht, ein Rechtsextremer beschäftigt gewesen sein. Wie König-Preuss in einer Mitteilung erklärt, habe die Firma selbst rechtsextreme Aktivitäten begleitet, etwa ein Konzert der einschlägigen Band Kategorie C, zudem sei Böwe für einen rechten Szeneladen mitverantwortlich.

Weder der geschäftlichen Karriere noch dem kommunalpolitischen Engagement scheint diese Vita zu schaden. Eine taz-Anfrage an Böwe von Freitag blieb unbeantwortet.

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