Atomkraft in Großbritannien: Strahlende „Verrücktheit“

Die Regierung hat Pläne für neue Atomkraftwerke vorgelegt. Die Opposition steht dahinter. Ak­ti­vis­t:in­nen sind fassungslos.

Ein Atomkraftwerk in England.

Ist hier noch Platz für ein neues AKW? Das Atomkraftwerk Sellafield, das seit 2023 rückgebaut wird Foto: Sabine Vielmo/greenpeace/ap

LONDON taz | Die britische Regierung hat ihren neuen Nuklearplan vorgestellt. Demnach will sie ein weiteres Atomkraftwerk bauen. Bis 2050 sollen neue Reaktoren eine Leistung von 24 Gigawatt erbringen, um die britische Energieversorgung gegen den russischen Autokraten Wladimir Putin und für das Einhalten der CO2-Ziele zu rüsten. Die Laufzeit von vier der fünf existierenden AKWs soll außerdem verlängert werden.

Von der Labour-Opposition gab es dagegen keinen Widerstand. Ein Labour-Sprecher erklärte, dass die Partei nicht nur hinter der Erweiterung stehe, sondern sogar mehr getan hätte: „Die Konservativen haben in den letzten 14 Jahren keinen einzigen neuen Reaktor eröffnet, obwohl die letzte Labour-Regierung zehn Orte dafür bewilligt hatte.“

Britische Atom­kraft­geg­ne­r:in­nen verstehen hingegen die Welt nicht mehr. Chris Wilson von der Gruppe „Together Against Sizewell C“ (TASC) sprach von Verrücktheit. Seine Gruppe verlor kurz vor Weihnachten einen Rechtsstreit gegen das an der ostenglischen Küste in Suffolk geplante AKW Sizewell C. „Die Regierung redet von Energiesicherheit, doch Uran zur Betreibung der Anlagen gibt es in Großbritannien gar nicht“, bemerkt Wilson im Gespräch mit der taz. Zudem fehle es weiterhin an privaten Investitionen in das Projekt.

Chris Wilson, „Together Against Sizewell C“

„Unsere Po­li­ti­ke­r:in­nen folgen einfach blind den Versprechen von Vertreter:in­nen der Nuklearindustrie“

Auch in Cumbria, an der nordenglischen Westküste geben sich Ak­ti­vis­t:in­nen fassungslos. Dort befindet sich der Ort Moorside. In Moorside erwägt die Regierung, ein neues Kernkraftwerk zu bauen – gleich neben dem sich im Abbau befindenden Nuklearkomplex Sellafield, wo strahlender Atommüll der letzten Jahrzehnte gelagert ist und verseuchtes Wasser in den Boden sickert.

„Ganz Großbritannien könnte durch diese Pläne Lagerstätte für Atommüll werden“, urteilt Marianne Birkby von der Anti-Atomkraft-Gruppe „Radiation Free Lakeland“. Sie und Wilson betonen beide, dass bis heute keine Langzeitlagerstätte für britischen Atommüll existiert. „Wenn Sie mich fragen, folgen unsere Po­li­ti­ke­r:in­nen einfach blind den Versprechen von Vertreter:in­nen der Nuklearindustrie, statt sie zu hinterfragen“, urteilt Wilson.

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