Ausbau des Südschnellwegs in Hannover: Klimaschutz kommt nach der Wahl

In Hannover soll der Südschnellweg erneuert werden. Seit über einem Jahr gibt es Proteste, kurz vor der Landtagswahl immer mehr kritische Stimmen.

Ein graues Zelt steht vor eiem überdachten Infostand in einem Park

Die Mahnwache des Bündnisses „Leinemasch bleibt“ wächst zu einem kleinen Protestcamp Foto: David Speier

HANNOVER taz | Auf einer kleinen Grünfläche im Döhrener Maschpark ist am Sonntagnachmittag reger Betrieb. Trotz des anhaltenden Regens bauen Ak­ti­vis­t*in­nen weitere Zelte auf und bereiten Plakate vor. Seit über einer Woche steht hier im Süden Hannovers die Mahnwache von „Leinemasch bleibt“ – und entwickelt sich allmählich zu einem kleinen Protestcamp. Das Bündnis ist Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung und setzt sich seit über einem Jahr mit Spaziergängen und Demonstrationen gegen die Pläne für einen massiven Ausbau des Südschnellwegs in der Leinemasch ein.

Die vierspurige Straße zieht sich über knapp vier Kilometer vom Stadtteil Ricklingen im Westen durch das Landschaftsschutzgebiet Leinemasch bis zum Messeschnellweg im den Stadtteil Döhren. 3,8 Kilometer der Strecke sollen komplett erneuert Für einen Fahrradweg ist dennoch kein Platz vorgesehen. werden, darunter mehrere marode Brücken. Geplant ist, die Straße von rund 14,6 Metern auf 25 Meter zu verbreitern, um neben den bisher bestehenden Fahrstreifen zwei Seitenstreifen zu bauen.

Insbesondere die marode Brücke an der Hildesheimer Straße muss spätestens im Jahr 2023 saniert werden, sonst könnte eine Sperrung drohen. Hier soll zukünftig ein Tunnel den Verkehr unter der Kreuzung hindurchleiten.

Das Großprojekt ist Teil des Bundesverkehrswegeplans. Die für die Umsetzung zuständige niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr begründet die geplante Verbreiterung mit der verbesserten Sicherheit durch zusätzliche Seitenstreifen. Der Schnellweg erfülle eine ähnliche Funktion wie ein Autobahnring in anderen Städten. Mehrere Eilanträge gegen das Bauprojekt hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit Hinweis auf die verbesserte Sicherheit abgewiesen.

Der Ausbau torpediere alle Klimaziele, sagen die Gegner

Die Verbreiterung torpediere alle Klimaziele und die Verkehrswende, hält Julia Förster von „Leinemasch bleibt“ dagegen. Die Initiative kritisiert, dass das Projekt für ein Verkehrsaufkommen geplant sei, das es aufgrund der beschlossenen Maßnahmen zur Klimaneutralität in zehn Jahren gar nicht mehr geben werde. Zusätzlich befürchtet das Bündnis, dass durch den Lärm der Großbaustelle die Nutzung der Kiesteiche als Naherholungsgebiet über Jahre nicht möglich sein wird.

Mindestens 80 Bäume sollen dem Projekt zum Opfer fallen. Am 4. Oktober beginnt die Rodungssaison. Insgesamt 13 Hektar Grünflächen soll das Projekt in Anspruch nehmen, von denen neun Hektar allerdings lediglich für den Bau genutzt werden.

Kurz vor der Landtagswahl werden kritische Stimmen aus der Politik immer lauter. Der Präsident der Region Hannover Steffen Krach (SPD), dessen Behörde für den Planfeststellungsbeschluss verantwortlich ist, hat gefordert, die Umsetzung der Baumaßnahmen bis nach der Landtagswahl zu verschieben. Der taz sagte Krach: „Ich habe gesagt, es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um Fakten zu schaffen. Wenn jedoch Anfang Oktober im großen Stil die Rodungen beginnen, wären Fakten geschaffen.“ Er sei der Auffassung, dass man zwar die Brückensanierung schnell machen müsse, die geplante Verbreiterung sei jedoch zu überdenken.

Auch Grüne wollen nach der Wahl neu reden

Julia Willie Hamburg, Spitzenkandidatin der niedersächsischen Grünen zur Landtagswahl, begrüßt die Forderung des Regionspräsidenten, denn die neu gewählte Landesregierung könne die Situation nach der Wahl anders bewerten. Die Grünen lehnen die Verbreiterung der Straße ab, denn „eine solche Mammutstraße wird für mehr Verkehr sorgen und damit noch mehr klimaschädliche CO2-Emissionen freisetzen“, sagte Hamburg der taz. Auch die Grünen wollen vorerst lediglich die dringend zu sanierende Brücke durch den Tunnel ersetzen.

Die nächste Demo gegen den Ausbau des Südschnellwegs findet am Dienstag, den 4. Oktober, um 16 Uhr statt. Treffpunkt ist am Döhrener Turm.

Für das größte Ausschreibungslos des Südschnellwegs hatte das Land bisher 360 Millionen Euro eingeplant. Die Angebote, die aus Sicht der Behörde infrage kommen, beginnen laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung allerdings erst bei knapp 400 Millionen Euro. Die Straßenbaubehörde kündigte bereits an, dass wegen des Krieges in der Ukraine mit einer erheblichen Kostensteigerung zu rechnen sei.

Auch die Gruppe „Ende Gelände Hannover“ setzt sich gegen den Ausbau des Südschnellwegs ein. „Ende Gelände“, sonst bekannt durch Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen Kohleinfrastruktur und die Kämpfe um den Hambacher Forst im Rheinland, hatte im Juli bereits einige Bäume in der Leinemasch Probe besetzt. „Wir fordern eine sozial gerechte Mobilitätswende und das heißt der Stopp des Ausbaus, und zwar vorgestern“, teilt die Gruppe der taz mit. Es brauche einen sofortigen Rodungsstopp, um der Klimakatastrophe etwas entgegenzusetzen. Die Probebesetzung will Ende Gelände als Kampfansage verstanden wissen.

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