Autonome Demo frei von Auflagen: Böse Vorahnung

Die Polizei hat die autonome Demo gegen den G20-Gipfel ohne Auflagen genehmigt. Das kommt vielen merkwürdig vor. Soll es vielleicht gar nicht erst losgehen?

Ein Mann spricht bei einer Pressekonferenz vor Journalisten

Für viele gehört er zu den Oberbösen: Demo-Anmelder Andreas Beuth bei einer Pressekonferenz Foto: dpa

HAMBURG taz | Wenige Stunden vor Beginn der antikapitalistischen Demonstration „Welcome to Hell“ am Vorabend des G20-Gipfels verstärkt sich nicht nur bei bei Aktivist*innen die Befürchtung, die Polizei könnte ein doppeltes Spiel spielen. Sie plane, die Demonstration frühzeitig gewaltsam aufzulösen, so die Annahme.

Beflügelt werden solche Spekulationen dadurch, dass die Versammlungsbehörde die Demonstration ohne Auflagen genehmigt hat und sie in die Nähe des G20-Tagungsortes zu den Messehallen ziehen lassen will. Denn die OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen der autonomen Demonstration sind in den Augen der Innenbehörde ganz klar die Bösen. Immer wieder mussten sie in den vergangenen Wochen für Prognosen über Gewaltszenarien herhalten.

„Die Diskrepanz des beschworenen Gewaltszenarios einerseits und der scheinbar unproblematischen Hinnahme der Demoroute ohne jegliche Auflagen andererseits ist mindestens verwunderlich“, sagt der Demoanmelder Andreas Blechschmidt.

Auch für den anwaltlichen Notdienst steht die Genehmigung der Demonstrationsroute in krassem Widerspruch zu dem wochenlangen Propagandagetrommel von der heranrollenden Gewaltwelle. Es sei zu befürchten, dass die Polizeiführung bereits jetzt beschlossen habe, die Demonstration überhaupt nicht stattfinden zu lassen, sagte Matthias Wisbar von der Pressegruppe des anwaltlichen Notdienstes. Die Hamburger Polizei habe mit einer solcher Taktik Erfahrung.

„Der Subtext der Anmeldebestätigung ist ganz einfach: Ihr werdet den Kundgebungsplatz nie erreichen“, sagte Wisbar. Der anwaltliche Notdienst fordert daher die Polizeiführung auf, „die Versammlungsfreiheit zu schützen und sie nicht zum Gegenstand taktischer Spielchen zu machen“.

Kein Anlass für Befürchtungen?

Auch die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete der Linkspartei, Christiane Schneider, hat derartige Befürchtungen. Denn in einer Stellungnahme vor dem Verwaltungsgericht hatte die Polizei zu ihrer Gefahrenbeurteilung insbesondere für die Protestaktionen am 6. bis 8. Juli ausgeführt: „Der Verlauf des Aufzugs ,Welcome to Hell' am 6. Juli wird maßgeblichen Einfluss auf den Verlauf der an den Folgetagen stattfindenden Versammlungen haben. Dies ist z.B. abhängig vom Vorgehen der Polizei, der Anzahl der Verletzten auf Seite der Demonstranten sowie der Anzahl und Dauer der freiheitsentziehenden Maßnahmen.“

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

Schneider mahnte, es dürfe nicht den geringste Anlass für die Befürchtung geben, dass die Polizei am 6. Juli Demonstranten verletzen werde, um sie als vermutete potenzielle ,Störer‘ am 7. und 8. Juli auszuschalten. „Ich fordere Innensenator Andy Grote deshalb zu einer unmissverständlichen Klarstellung dieser Passage auf“, sagte Schneider.

Die Polizei habe in jedem Fall abzuwägen zwischen dem Interesse an der Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe und der Schwere des Eingriffs, die ein Adressat einer polizeilichen Maßnahme zu dulden habe. „Dabei ist die Polizei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, der in Deutschland verfassungsrechtlichen Rang hat.“

Polizeisprecher Timo Zill nennt Befürchtungen gegenüber der taz „unbegründet“ und verweist auf den friedlichen Verlauf der Tanz-Demo am Vorabend mit mehr als 10.000 TeilnehmerInnen. Die Polizei sei zwar mit einem Großaufgebot vor Ort gewesen, habe sich aber lediglich in den Seitenstraße aufgehalten, sagte Zill. „Wenn das heute Abend auch so läuft, sind wir doch alle zufrieden.“

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