Berliner Betriebe: Hopplahopp, neuer Job

In Berlin herrscht laut einer Umfrage aktuter Fachkräftemangel. Ar­beit­neh­me­r*in­nen fühlen sich dadurch zum Jobhopping ermutigt.

Auszubildende Köch*innen

In Berliner Betrieben wird weitaus weniger ausgebildt als im Bundesdurchschnitt Foto: dpa

BERLIN taz | Jede zweite Kündigung in Berlin geht von den Ar­beit­neh­me­r*in­nen aus. So lautet ein Ergebnis des „Betriebspanels“, einer jährlichen Umfrage bei 980 Berliner Betrieben. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) stellte sie am Mittwochmorgen vor.

Die größte Herausforderung für die Unternehmen bleibt nach wie vor der Fachkräftemangel. Der Bedarf an Fachkräften liegt in Berlin über dem Bundesdurchschnitt. „Die Nichtbesetzungsquote hat einen Höchstwert erreicht,“ so die Arbeitssenatorin, alle Betriebe wollten und bräuchten die Fachkräfte.

Genau deshalb fühlen sich Beschäftigte zunehmend ermutigt, ihren Job zu kündigen und sich nach neuen Möglichkeiten umzusehen. Jede zweite Kündigung (54 Prozent) kam im vergangenen Jahr durch freiwilligen Abgang der Ar­beit­neh­me­r*in zustande. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Der Anteil von arbeitnehmerseitigen Kündigungen hat damit einen neuen Höchststand erreicht.

„Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt“, so Kiziltepe. Die Senatorin sieht darin eine positive Entwicklung: Während es früher Massenarbeitslosigkeit gegeben hätte, „haben wir heute eine gute Arbeitsmarktsituation.“ Beschäftigte könnten sich aussuchen, wo sie hinwollten.

Von den Ar­beit­ge­be­r*in­nen erfordert die Situation allerdings eine Steigerung ihrer Attraktivität. „Betriebe müssen gezielter akquirieren und nicht warten, bis potenzielle Beschäftigte auf sie zukommen“, sagte Kiziltepe. Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels würden gute Arbeitsbedingungen für Beschäftigte benötigt. Relevante Aspekte seien in dieser Hinsicht eine faire Bezahlung durch Tarifbindung sowie die Ausbildung von Nachwuchsfachkräften.

Daran mangelt es den Berliner Betrieben jedoch. Während im Bundesdurchschnitt 25 Prozent der Betriebe tarifgebunden sind, sind es in Berlin nur 14 Prozent – ein Rekordtief. Auch die Ausbildungsbeteiligung liegt mit 17 Prozent weit unter dem Bundesdurchschnitt von 29 Prozent. Bei den wenigen Betrieben, die sich beteiligen, bleiben zudem oftmals ausgeschriebene Ausbildungsplätze leer.

In der Hälfte der Fälle ist dies offenbar auf die mangelnde Qualität der Bewerbungen zurückzuführen: „Es gibt genug Bewerbungen, aber es hapert am Matching“, so Silke Kriwoluzky, Geschäftsführerin des Instituts Söstra, das die Betriebspanel-Umfrage ausgewertet hat.

Auch für die Sicherung des Bestandspersonals wird zu wenig getan: Bis 2019 haben mehr als die Hälfte der Betriebe wenigstens eine Mit­ar­bei­te­r*in weitergebildet. 2022 waren es nur noch 39 Prozent.

Ihre Hoffnung setzen die Betriebe daher auf zugewanderte Fachkräfte. Von ukrainischen Fachkräften haben Berliner Betriebe im letzten Jahr stark profitiert. Jeder dritte stellte einen oder mehrere Geflüchtete ein. Dieses Fachkräftepotenzial will Kiziltepe weiter ausschöpfen: Ihr Ziel ist es, auf dem Jobmarkt „alle Geflüchteten im Blick zu haben.“ Den von Bundesarbeitsminister Heil angekündigten „Jobturbo“ will die Senatorin „zünden“.

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