Berliner Großflughafen verschiebt Eröffnung: Berlin kriegt keinen hoch

Sicherheitsmängel, Passagierchaos und geplatzte Eröffnung: Berlins Oberbürgermeister ist trotzdem optimistisch. Der Großflughafen soll so schnell wie möglich in Betrieb gehen.

Hier fliegt erstmal nichts: Willy-Brandt-Flughafen Bild: reuters

BERLIN taz | In der „Airport World“, dem Besucherzentrum gleich neben dem Flughafen Schönefeld, sitzt Rainer Schwarz, der Chef der Flughafengesellschaft, und formuliert die peinliche Nachricht. Er spricht von einer „Vielzahl von Tests von Anlagen im Rahmen des Probebetriebs“, er schaut ins Leere, seine Hände spielen mit einem Stift.

„Wir mussten nun allerdings feststellen, dass wir bei den sicherheitstechnischen Anlagen, das sind Brandschutzanlagen, nicht den Reifegrad erreicht haben, der eine Abnahme erlauben würde“, sagt er. Deshalb könne das Terminal nicht in Betrieb genommen und so der neue Großflughafen am 3. Juni auch nicht eröffnet werden. Der Termin wurde zuvor schon mehrfach verschoben.

„Wir stoppen ab sofort den teilweise begonnenen Umzug“, sagt Schwarz. Neben ihm sitzen Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD). Beide haben jetzt viel zu erklären. Noch bis zum Wochenende haben die Verantwortlichen trotz mehrfacher Bedenken stets betont: Der Eröffnungstermin steht. Schwarz will erst am Freitag erfahren haben, dass es größere Probleme gibt, Wowereit und Platzeck sagen, sie seien am Montagabend informiert worden.

Nach dem Fall der Mauer wurde schnell klar, dass die beiden Westberliner Innenstadtflughäfen in Tempelhof und Tegel sowie der alte DDR-Flughafen in Schönefeld künftigen Ansprüchen nicht gerecht werden würden. Also suchten die Eigentümer der Flughäfen – Berlin, Brandenburg und der Bund – einen Standort für einen neuen Großflughafen, der den Verkehr bündeln sollte.

Während Brandenburg einen berlinfernen Standort favorisierte, konnte sich die Westberliner CDU damit nicht anfreunden – zumal 1996 die Länderfusion scheiterte. Letztlich einigte man sich auf Schönefeld am südöstlichen Stadtrand. Für den Bau und Betrieb des Flughafens bekam dann der private Baukonzern Hochtief den Zuschlag. Diese Vergabe kassierte 1999 ein Gericht, nachdem der unterlegene Konkurrent geklagt hatte.

Nach dreijährigem Hin und Her setzte der rot-rote Berliner Senat durch, die Privatisierung des Projekts zu beenden und öffentlich zu bauen. Nachdem vor einem Jahr neue Pläne für Flugrouten publik wurden, begannen Massenproteste betroffener Anwohner. (rot)

Grundsätzlich fertig

Hinter der Brandschutzanlage im Flughafenterminal verbergen sich die laut Flughafenchef Schwarz „größte Entrauchungsanlage der Welt“ und Sprinkleranlagen. Die Anlage sei zwar grundsätzlich fertiggebaut, aber die Vernetzung der einzelnen Bestandteile sei noch nicht erfolgt. Erst dann können die Herstellerfirmen die Anlage ausgiebig testen; danach müssen auch noch der TÜV und die Genehmigungsbehörde ihr Okay geben, all das dauert Wochen.

Wenn es um die Sicherheit von Menschen geht, könne man eben die Arbeit nicht einfach beschleunigen, sagt Wowereit. „Das ist eine bittere Erkenntnis, die wir aber zu akzeptieren haben.“ Platzeck wird deutlicher. Er sei „stocksauer“, sagt er. Regressforderungen gegen die Herstellerfirmen würden geprüft.

Laut Lufthansa-Sprecher Weber hat es schon länger Hinweise gegeben, dass der Termin nicht eingehalten werden kann. So habe der Flughafen vergangene Woche den Probebetrieb der Lufthansa-Lounge abgesagt, der für den 23. Mai geplant war. Wasser- und Stromleitungen könnten bis dahin nicht fertiggestellt werden, habe es geheißen.

Start nach den Sommerferien

„So schnell wie möglich“ soll der Flughafen nun in Betrieb gehen, sagt Wowereit. „Es kostet auch alles mehr, sag ich mal.“ Wie viel mehr, darüber gab es keine Angaben. Auch nicht, ob die Bundesländer Geld in die Flughafengesellschaft nachschießen müssen. Wowereit und Platzeck planen den Start nun nach den Sommerferien.

Reisende, die ihren Urlaub schon geplant haben, sollen nicht unter der Verschiebung zu leiden haben, versprechen die Regierungschefs. Die Lufthansa ist da zurückhaltender. Man wolle an dem neuen Flugplan festhalten, das Unternehmen müsse aber zunächst klären, wie das machbar sei, sagte der Sprecher. Auch Air-Berlin reagierte verärgert, Unternehmenschef Hartmut Mehdorn sprach von „unkalkulierbaren Mehrkosten“.

Flughafenchef Schwarz will keine persönlichen Konsequenzen aus der Pleite ziehen. Er sei „bereit, in dieser ganz schwierigen Zeit weiterzuarbeiten“. Wowereit versucht dann noch, die Dinge schönzureden. Das Projekt Großflughafen sei doch auch mit verspäteter Eröffnung ein „Riesenerfolg“. Und: „Es werden dann viele Dinge fertig sein, die am 3. Juni nicht fertig gewesen wären.“

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