Bewegungstermine in Berlin: What Solution, Revolution?

Was geht um den 1. Mai in Berlin und Umgebung? Alle Termine für Klassenkampf, soziale Revolution und Frieden gibt es hier in der taz-Übersicht.

Eine große Gruppe Polizist:innen in Helmen und Riotgear läuft am Abend des 1. Mais 2023 durch Kreuzberg.

Ein Block schwarz Vermummter zieht nachts am 1. Mai durch Kreuzberg Foto: IMAGO

„Wird es nicht geben. Punkt“, sagt Bürgermeister Wegner zum Entscheid des Volkes, Deutsche Wohnen & Co zu enteignen. „Das Klimaschutzgesetz ist das Problem“, sagt Bundesverkehrsminister Wissing, der das fossile Kapital beschützen will. „Wir müssen alle mehr arbeiten“, rufen Wirtschaftsbosse, CDUler und FDPler – meinen aber eigentlich „Ihr müsst alle mehr für uns arbeiten“.

Es geht noch weiter: Bundeskanzler Scholz will „in großem Stil abschieben“ und Verteidigungsminister Pistorius findet: „Wir müssen kriegstüchtig werden“. Deutschland liefert Offensivwaffen an Israel, während sich Berichte über Kriegsverbrechen häufen. Und die Grünen drucken Rettungsringe auf Wahlplakate – nachdem die Parteispitze im Zuge der GEAS-Reform für Asylgrenzverfahren unter Haftbedingungen (auch für Kinder) getrommelt hat.

Traditionell ist der 1. Mai der Tag, an dem die Ausgebeuteten ihren aufgestauten Frust über solche Meldungen entladen können. Angefacht werden soll so der Klassenkampf. Und der ist auch bitter notwendig, wie diese Sätze zeigen. Denn um gegen kapitalistische und imperialistische Interessen anzukommen, kann man nicht auf die politische Klasse setzen. Dazu braucht es Druck von unten, der den Herrschenden keine Wahl lässt – oder, noch besser, die Herrschaft gleich beseitigt. Wird das klappen, an diesem 1. Mai in Berlin?

Revolutionäre 1. Mai Demonstration

Das Gravitationszentrum der Protesttage ist natürlich auch in diesem Jahr die Revolutionäre 1. Mai Demonstration. Unter dem Motto „Konzerne enteignen, Kriegstreiber entwaffnen, Kapitalismus zerschlagen!“ startet die Demo um 18 Uhr am U-Bahnhof Südstern. Bereits ab 16:30 Uhr gibt es dort Musik zu hören. Die Demoroute führt über die Hasenheide zum Hermannplatz und von dort aus über die Karl-Marx-Straße und Fuldastraße zur Sonnenallee und dann wieder zurück zum Südstern. Eine Demokarte zum Download im JGP-Format findet sich hier.

Der Aufruf liest sich klassisch: Eine Kritik an Aufrüstung, Imperialismus und Sozialkürzungen, während sich die Politik an den Faschismus anbiedert und immer repressiver etwa gegen Antifaschismus und Palästinasolidarität vorgeht. Und tatsächlich könnte die Polizei wegen letzterer dieses Jahr besonders rabiat vorgehen.

Take back the night!

Traditionell startet der Demomarathon aber bereits am Vorabend. Auch in diesem Jahr findet die FLINTA*-only-Demo „Take Back The Night“ statt, dieses Jahr unter dem Motto: „We are the witches you couldn’t burn“. Im Mittelpunkt steht die Kontinuität der Unterdrückung all jener, die sich nicht in die Herrschaftssysteme von Patriarchat, Kolonialismus und Kapitalismus einfügen wollen. Los geht es um 20 Uhr am Boxhagener Platz. Von dort aus geht es unter anderem über die Mainzer- und Rigaer Straße. Auch hier ist mit verstärkter Polizeirepression zu rechnen.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Hände weg vom Wedding!

Im Wedding hat sich am Vorabend des 1. Mais die Stadtteildemo der Gruppe Hände Weg vom Wedding etabliert. Unter dem Motto „Frieden und soziale Gerechtigkeit! Nein zu Krieg, Sozial- und Grundrechtsabbau!“ geht es auch hier um die bundesdeutsche Militarisierung, während zeitgleich Sozialausgaben gekürzt werden, Konzerne Rekordgewinne einfahren und der Faschismus immer stärker wird. Die Demo verlief in den letzten Jahren ohne Zwischenfälle. Los geht es um 18 Uhr am Leopoldplatz, von wo aus es zum S- und U-Bahnhof Gesundbrunnen geht.

Gegen Milliardäre, für Sozialismus

Auch in Lichtenberg gibt es dieses Jahr eine Vorabenddemo. Unter dem Motto „Milliardäre stürzen, Kriegstreiber entwaffenen, Sozialismus erkämpfen“ ruft die Förderation Klassenkämpferischer Organisationen zum Protest auf. Los geht es um 18 Uhr am Roederplatz, beim Jugendclub Tube. Von dort aus geht es über die Möllendorffstraße und Rathausstraße zur Frankfurter Allee am U-Bahnhof Lichtenberg.

Klassenkampf macht Dampf

Der erste Mai selbst startet traditionell mit der Gewerkschaftsdemo, Treffpunkt ist hier um 10 Uhr am U-Bahnhof Weberwiese. Das Motto: „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“. Es wird einen klassenkämpferischen Block geben, der unter dem Motto „Gegen Krieg, Kürzungspolitik und rechte Hetze“ zu einem offensiveren Gewerkschaftskampf und politischen Streiks aufruft. Denn nur so – als selbstbewusste, streikbereite Ar­bei­te­r:in­nen­schaft – ist es möglich, sich effektiv Militarismus, Sozialkürzungen und Faschismus entgegenzustellen.

Razzia im Villenviertel

Aber immer nur Demos, Demos, Demos – sind das nicht auch einfach nur Appelle an die Politik? Die Mauern der sozialen Ungleichheit einzureißen ist Handarbeit, wissen die freundlichen Ge­nos­s:in­nen der Spezial-Enteignungs-Kräfte (S.E.K.) von der Soko Villenviertel. Die nimmt auch dieses Jahr den Kriminalitätshotspot Grunewald unter die Lupe, wo kriminelle Familienclans fast täglich Verbrechen wie Steuerflucht, millionenfacher Raub, demokratiefährdene Umtriebe und gemeinwohlschädliche Bankengründungen begehen.

Zeit deshalb, die Abrissbirne zu holen, um die Mauern einzureißen, hinter der sich die Früchte aller Menschen Arbeit verstecken. Die satirische Demo für Umverteilung von der Gruppe MyGruni startet unter dem Motto „Razzia im Villenviertel“ um 13 Uhr am Johannaplatz in Grunewald. Es gibt eine Fahrrad-Zubringerdemo, die um 11:30 Uhr am Falkplatz an der Max-Schmeling-Halle startet und etwa gegen 12 Uhr am Roten Rathaus und um 12:30 Uhr an der Bülowstraße vorbeikommen wird. Eine Wegbringer-Demo führt wieder zur Gneisenaustraße, von wo aus es nur ein Katzensprung zur 18-Uhr-Demo ist.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Club­ar­bei­te­r:in­nen aller Länder

Konkreten Arbeitskampf stellt die noch in den Kinderschuhen steckende Berliner Clubarbeitenden Gewerkschaft (BCG) auf die Beine. Denn die ruft Beschäftigte aus der Berliner Feierszene zum Protest auf. Die Rechte von Clubarbeitenden würden oft nicht ernst genommen, heißt es im Aufruf. Kritisiert wird etwa Unterbezahlung, unsichere Arbeitsverhältnisse und die „hire-and-fire“-Policy vieler Clubs. Auf der Demo, die um 16 Uhr am Ernst-Reuter-Platz beginnt, wird es Reden und DJ-Sets geben.

Jugend gegen Krieg und Krise

Für die nächste Generation klassenkämpferischer Ak­ti­vis­t:in­nen findet außerdem eine Jugenddemo statt. Unter dem Motto „Jugend gegen Krieg und Krise“ rufen linke Jugendorganisationen auf die Straße für ein lebenswertes Berlin unabhängig vom elterlichen Einkommen. Es geht auch gegen den rechten Sicherheitswahn, der jugendlichen Subkulturen – etwa den Fanszenen von Sportvereinen – schadet. Los geht es um 15 Uhr am Spreewaldplatz in Kreuzberg. Auch diese Demo führt zum Südstern, wo die 18-Uhr-Demo startet.

2. Mai – Kampftag der Arbeitslosen

Und übrigens gilt auch in diesem Jahr: Zweiter Mai, es ist nie vorbei! Im Schatten des 1. Mais hat sich am Folgetag der Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen etabliert. Denn alle Menschen sollten in den Genuß kommen, keine Arbeit zu haben. Selbst die Industrie will ja immer mehr Arbeitsstellen wegrationalisieren. Wenn das Fernbleiben von der Arbeitsstelle aber solche Produktivitätssprünge ermöglicht, ist es wirklich zu viel verlangt, sich dafür vom Staat bezahlen lassen zu wollen?

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Die Basta! Erwerbslosenini ruft unter dem Motto „Gegen den Zwang zur Lohnarbeit“ zum Protest auf. Es geht dabei um die Hetze von Politik und Kapital gegen die Arbeitslosen und die fortwährende Steigerung der ökonomischen Produktivität – die sich aus irgendeinem Grund aber nicht in weniger Arbeitszeit übersetzt. Die Lösung für das Problem, dass viel zu viel sinnloser Scheiß produziert wird, liegt auf der Hand: Weniger Arbeit und ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle (Donnerstag, 2. 4., Baiz, Schönhauser Allee 26a, 13 Uhr).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.