Bisexual Visibility Day: Bisexualität existiert

Zum 20. Mal wird der Bisexual Visibility Day begangen. Weltweit machen AktivistInnen auf die Stigmatisierung von Bisexualität aufmerksam.

Eine Gruppe von BisexualitätaktivistInnen auf der San Francisco Pride.

Bisexuelle werden oftmals marginalisiert. Hier zeigt sich eine Gruppe auf der San Francisco Pride Foto: Flickr/mary

Oft wird Bisexualität geleugnet, unsichtbar gemacht oder stigmatisiert. Damit das aufhört, wird am Sonntag bereits zum 20. Mal der von BisexuellenaktivistInnen ins Leben gerufene Bisexual Visibilty Day begangen. Bislang ist der Tag, der auch auf den Namen Celebrate Bisexuality Day hört, weitestgehend unbekannt: Während beispielsweise am Internationalen Tag gegen Homophobie viele Politikerinnen und Politiker entsprechende Statements in den Sozialen Medien posten und große Medienhäuser über das Thema berichten, findet der Bisexual Visibility Day meist nur kleinen Szenemedien statt.

Nur langsam kommt Wind in die Räder: Als am Samstag vor dem schleswig-holsteinischen Sozialministerium die Flagge der Bisexuellen gehisst wurde, war das erst das zweite Mal, dass diese Flagge an einem deutschen Ministerium wehte. Und als die australische Senatorin Janet Rice (Grüne) am vergangenen Dienstag im Parlament eine neunminütige Rede über Bisexualität und Bisexuellenfeindlichkeit hielt, war das wohl das erste Mal, dass in einem Parlament so ausführlich über die Anliegen von Bisexuellen gesprochen wurde.

Rice schrieb damit bisexuelle Geschichte. Mit der Bi-Flagge als Schal um den Hals erzählte sie sehr persönlich von ihrer Lebenssituation als bisexuelle Frau – und thematisierte prominent, wie Bisexuellenfeindlichkeit aussehen kann. „Die Leugnung und Unsichtbarmachung von Bisexualität ist weit verbreitet. Ständig müssen wir Behauptungen zurückweisen, dass unsere Identität und Sexualität eine Phase sei oder wir unentschlossen seien. Bisexualität ist etwas eigenständiges und vollständiges“, machte sie deutlich. Sie widerspricht damit öffentlich gängigen Mythen, die sowohl unter Heterosexuellen, als auch unter Schwulen und Lesben weit verbreitet sind.

Diese besagen beispielsweise, dass Bisexuelle bezüglich ihrer Sexualität verwirrt seien. Dass sie untreu, unvertrauenswürdig, unreif und verantwortungslos seien. Dass bisexuelle Männer eigentlich schwul seien und ihre wahre Sexualität verleugnen würden. Dass bisexuelle Frauen eigentlich heterosexuell seien und nur Aufmerksamkeit wollen würden.

Eine realistische Darstellung in den Medien fehlt

Unter Schwulen und Lesben ist die Ansicht verbreitet, dass Bisexuelle andersgeschlechtliche PartnerInnen über gleichgeschlechtliche PartnerInnen priorisieren würden. Dass andersgeschlechtliche PartnerInnen weniger wert seien als gleichgeschlechtliche. Dass Bisexuelle unpolitisch und nicht an schwul-lesbischen Kämpfen interessiert seien. Auch vermeintlich positive Zuschreibungen wie die der Bisexualität als „trendy“ oder „chic“ können eine Stigmatisierung und Exotisierung verstärken – und schon alleine dadurch entkräftet werden, dass sie spätestens ab Anfang der 1970er-Jahre verwendet werden.

Am Bisexual Visibility Day finden mittlerweile in vielen Teilen der Welt Aktionen, Vorträge, Lesungen und Filmvorführungen von bisexuellen Gruppen statt. 2018 gibt es um den 23. September weltweit entsprechende Veranstaltungen, beispielsweise in Australien, Bolivien, China, Guatemala, Irland, Kirgisistan, Polen, Singapur, Südafrika, Taiwan, der Türkei und in den USA. Dabei geht es noch immer oft um nicht viel mehr, als deutlich zu machen: Bisexualität existiert! Bisexuellenfeindlichkeit existiert!

Gerade für junge Bisexuelle kann diese Biphobie massive Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden haben. Studien haben immer wieder gezeigt, dass sich Bisexuelle deutlich seltener in der Familie, in der Schule und am Arbeitsplatz outen als Schwule und Lesben. Dass Bisexuellenfeindlichkeit zu hohem Maße zu Depressionen, Angststörungen und Suizidalität führt. Und dass häufig eine realistische Darstellung in den Medien ebenso fehlt wie Vorbilder für Jugendliche und unterstützende Subkulturen. Das Thema ist ernst – und sollte nicht nur am 23. September auf die Tagesordnung.

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