Blockupy-Protest europaweit: Es braucht mehr als luftige Worte

Die Suche nach grenzübergreifenden europäischen Gegenöffentlichkeiten ist mühsam. Jetzt gibt es Perspektiven: Die Aktivisten vernetzen sich.

Blockupy-Aktivisten haben die Sache mit den Symbolen drauf. Nun wollen sie „materiell“ werden. Bild: dpa

FRANKFURT taz | Irgendwie passt dieser lustige Spruch schon ganz gut, der hier oben im ersten Stock so großformatig an die Flurwand des Universitätsgebäudes gekritzelt wurde. „Kritik muss materiell werden“, steht da. Darunter hat jemand in kleineren Lettern geantwortet: „Du musst materiell werden!“

Denn das war immer das Problem, wenn AktivistInnen in den letzten Jahren in Frankfurt zu den Blockupy-Protesten gegen die europäische Krisenpolitik gerufen haben: Es gab zwar viel Ärger mit der Polizei, aber der Zulauf zu den Protesten blieb überschaubar. Seit Jahren arbeitet nun ein Netzwerk politischer Gruppen daran, das zu verändern. Und tatsächlich sieht es nun erstmals so aus, als ob die Blockupy-Proteste 2014 eine neue Qualität erhalten könnten – eine transnationale.

Hier auf dem Campus Bockenheim, bei der Vorbereitungskonferenz für das Protestjahr 2014, redet an diesem Wochenende der griechische Aktivist Christos Giovanopoulos im Hörsaal H3 von den Chancen und Problemen einer europäischen Vernetzung. Luca Tornatore, aus Italien angereist, diskutiert mit ihm darüber. Drüben im Raum K2 erzählt Lucia Lois aus Madrid, welche Aktionsformen der 15-M-Bewegung in der spanischen Öffentlichkeit besonders gut angekommen sind. Ihr Vortrag zeigt das smart: In Sachen Krisenprotest ist Deutschland noch ein Entwicklungsland.

Doch immerhin: Allein über 100 AktivistInnen aus verschiedenen europäischen Ländern sind an diesem Wochenende nach Frankfurt gereist. Hunderte diskutieren über die Zukunft der europäischen Krisenproteste und grenzüberschreitende Kooperationsmöglichkeiten.

Große Protestereignisse 2014 geplant

Denn auch wenn sie bei diesen Konferenzen nie ausbleiben dürfen – es sind ja nicht die luftigen Worte vom Klassenkampf und der Arbeitermacht, die am Ende die Erfolge einer europäischen Graswurzelpolitik ausmachen, sondern die kleinen praktischen Schritte. Es gibt diese Anekdote aus Straßburg, als drei Dutzend AktivistInnen aus Deutschland zu einem Vernetzungstreffen reisten – und dort um 21 Uhr die Lichter ausgingen. Erst gab es keinen Raum, um zu diskutieren, dann nichts mehr zu trinken.

Am Ende fuhren sie zurück über die Landesgrenze nach Kehl, um Bier zu kaufen. Dann landeten sie auf den Stufen in einem Treppenhaus. Das ist ein praktisches Vernetzungsproblem, ein materielles.

Tatsächlich aber hat sich in Frankfurt in den letzten Jahren etwas entwickelt, das neue Perspektiven gewinnt. Die Referenzpunkte in der Debatte verändern sich. Da wird von Amsterdam gesprochen, von Straßburg und Rom, wo es in den letzten Monaten europäische Vernetzungstreffen gab. Kurz: Die ProtagonistInnen der europäischen Krisenproteste geraten mehr und mehr in Sichtweite zueinander. Und so könnten die Frankfurter Blockupy-Proteste 2014 eine neue europäische Qualität erhalten.

Die Versprechung: mehr internationale Beteiligung, größere Protestereignisse. Für Mitte Mai, eine Woche vor den Europawahlen, plant das Blockupy-Bündnis in Frankfurt Demonstrationen und Blockaden parallel zu Aktionstagen in anderen europäischen Metropolen. Und wenn voraussichtlich im Herbst 2014 die neue Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt eröffnet wird, sollen auf einem großen europäischen Gegengipfel die Ergebnisse der müßigen Kleinarbeit der vergangenen Jahre zu betrachten sein. Denn es ist ja keine Frage: Europa muss materiell werden.

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