COP28-Präsident in der Defensive: Er fühlt sich missverstanden

Der Präsident der Weltklimakonferenz muss sich rechtfertigen. Er sagt, Medien hätten seine Aussagen aus dem Kontext gerissen.

Al-Jaber trägt eine Brille und sieht erstaunt aus

In der Kritik: Sultan al-Jaber Foto: dpa

DUBAI taz | Die Personalie war von Anfang an umstritten: ein Ölmanager als Präsident der Weltklimakonferenz? Jetzt ist Sultan Ahmed al-Jaber weiter unter Rechtfertigungsdruck geraten: Der britische Guardian hatte über Aussagen von ihm Mitte November berichtet, nach denen „keine Wissenschaft“ belegen würde, dass zum Halten des 1,5-Grad-Limits ein Ausstieg aus den fossilen Energien nötig sei. Ein solcher mache keine nachhaltige Entwicklung möglich, „außer Sie wollen die Welt zurück in Höhlen führen“. Steht er hinter diesen Behauptungen? „Lassen Sie uns über das Abliefern reden, über Fortschritt reden, über Momentum reden, über Zugkraft reden“, wich al-Jaber der Frage am Montag vor Pres­se­ver­tre­te­r*in­nen auf der Weltklimakonferenz in Dubai aus.

Zuvor hatte er darüber gesprochen, welche Erfolge er bisher auf dem Klimagipfel sieht. Die Zitate aus dem Medienbericht nannte er „aus dem Kontext gerissen“ und „fehlinterpretiert“. Al-Jaber ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate sowie Manager des staatlichen Ölkonzerns Adnoc.

Als Gastgeber und Präsident der Weltklimakonferenz hat er zwar keine formale Entscheidungsgewalt, muss aber zwischen den fast 200 Regierungen vermitteln. Dabei ist Glaubwürdigkeit für ihn ein wichtiges Kapital. Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen demonstrierten am Montag auf dem Konferenzgelände für den Ausstieg aus den fossilen Energien, darunter Luisa Neubauer von Fridays for Future. „Die Wissenschaft ist deutlich“, stand in Anspielung auf al-Jabers Aussagen auf ihren Schildern.

„Ich habe wieder und wieder gesagt, dass die Reduktion fossiler Energie und ein Ausstieg unausweichlich sind“, sagte al-Jaber nun. Allerdings hat er sich in der Vergangenheit durchaus anders geäußert, wenn auch nicht so deutlich wie laut dem Medienbericht des Guardian. Im Mai sprach er beispielsweise auf dem Petersberger Klimadialog in Berlin davon, aus „fossilen Emissionen“ aussteigen zu wollen, nicht aber aus den fossilen Energien.

„Leidenschaft für Wissenschaft zentral“

„Wir wissen, dass die Energien, die heute genutzt werden, auch noch bleiben werden“, so al-Jaber damals. Seine Lösung sind Technologien wie die Abscheidung und anschließende unterirdische Lagerung des Treibhausgases Kohlendioxid (CCS). Das Problem: Diese sind bisher sehr teuer und gelten als nur wenig verfügbar.

Als Ingenieur sei seine „Leidenschaft für Wissenschaft zentral für seine Karriere gewesen“, betonte al-Jaber nun. Sein Polarstern sei das 1,5-Grad-Limit. Das bedeutet: die Erderhitzung bei durchschnittlich 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellem Niveau zu stoppen. Im Pariser Weltklimaabkommen haben die Staaten versprochen, dass bei „deutlich unter 2 Grad“ Schluss ist und möglichst schon bei 1,5 Grad.

Schon auf die aktuell etwa 1,2 Grad Erderhitzung sind nachweislich zahlreiche Extremwetterereignisse mit Milliardenschäden und vielen Toten zurückzuführen. Die klimaschädlichen CO2-Emissionen der fossilen Energiegewinnung sind – bis auf eine kurzweilige Ausnahme durch die Corona-Lockdowns – bislang dennoch weiter angewachsen.

Unerwarteten Beistand bekam al-Jaber vom Chef des Weltklimarats Jim Skea, den der Konferenzpräsident der Presse am Montag als „meinen lieben Kollegen Jim“ vorstellte. Er habe mehrfach eins zu eins mit al-Jaber gesprochen, erzählte der Wissenschaftler vor den Journalist*innen. „Ich kann sagen, dass Dr. Sultan der Wissenschaft gegenüber sehr aufmerksam war, und ich glaube, dass er sie vollständig verstanden hat.“

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