Castingshow von Rapper 50 Cent: Keinen Dollar wert

50 Cents Castingshow "The Money and the Power" ist grandios gefloppt. Das Publikum hat keine Lust mehr auf Nachwuchspimps, die Pferdescheiße durch Manhatten karren.

Die kapitalistische Simulation in "The Money and the Power" ist wirklich jämmerlich. Bild: ap

Es war bislang seine einzige Investition, die sich nicht gerechnet hat. Nach sechs Folgen wurde Ende letzten Jahres die Realityshow "The Money and the Power" des Rappers 50 Cent wegen schlechter Quoten in den USA aus dem MTV-Programm genommen; das von 50 Cent als Preisgeld ausgeschriebene Startkapital von 100.000 Dollar schüttete man dann im Laufe der restlichen im Internet versendeten Folgen aus. Eine amtliche Übung in Sachen Medienkapitalismus, Entschuldigung sieht wirklich anders aus.

Vielleicht hatte das amerikanische Publikum Ende 2008 in der gerade angebrochenen Post-Lehman-Brothers-Ära einfach keine Lust darauf, 14 aufstiegsversessenen jungen Menschen dabei zuzugucken, wie sie in der Art eines hungrigen Wolfsrudels die Skyline von Manhattan anheulen. Den Traum, durch Leistungswillen, Schmerzakzeptanz und ein sympathisches Maß an krimineller Energie via Wall Street zu Reichtum zu gelangen, hatte Amerika ja nun gerade unsanft ausgeträumt.

Dabei war die Show, die ab Sonntag nun mit einiger Verzögerung, aber in voller Länge von MTV Deutschland ausgestrahlt wird, als glanzvolle Spendiergala des Rap-Superstars angelegt: Wollte 50 Cent doch einem Underdog durch die Anschubfinanzierung die Möglichkeit geben, die gleiche sensationelle Karriere einzuschlagen wie er selbst, der es vom kleinen Drogendealer in den Straßen von Queens zum Big Player geschafft hat.

Großunternehmer und Großunterhalter - das schließt sich für 50 Cent nicht aus. Er ist wohl die hervorstechendste Figur einer ganzen Reihe junger afroamerikanischer HipHop-Entrepreneure, die durch geschickte Crosspromotion und Spekulationsgeschäfte Imperien aufgebaut haben, in der die Musik nur eine von ganz vielen Investitionsmöglichkeiten darstellt.

Ökonomisch haben Rapper wie 50 Cent, P. Diddy oder Jay-Z die meisten ihrer weißen Musikerkollegen längst überrundet. Oder wie es das US-Business-Magazin Management Today Anfang des Jahres formulierte: "Während Rockmusiker unter sinkenden CD-Verkäufen leiden, sind die Rapper vollauf mit der Pflege ihres Investment-Portfolios beschäftigt."

Das hat natürlich auch viel mit dem künstlerischen Selbstverständnis zu tun: Geht es im weißen Rock meist darum, aus den üblichen Wertsteigerungsstrategien auszusteigen, sehen HipHop-Exponenten in ihrer Musik gerade die Möglichkeit, sich endlich in diese einzuklinken. Als Grunge-Rocker schämt man sich eher für seine heimlich eingekauften Aktienpakete, der R&B-Künstler indes stellt sie offensiv in seinem Selbstvermarktungs-Rap aus: "Buy in!" statt "Drop out!" heißt die Devise.

Allein 100 Millionen Dollar nach Steuer soll Curtis James Jackson III., so 50 Cents bürgerlicher Name, im Jahr 2007 verdient haben, als Coca-Cola den Vitaminwasser-Konzern Glaceau aufgekauft hat, an dem er beteiligt gewesen war. Hinzu kommen Erlöse aus 50 Cents Modelabel G-Unit und seiner Kondommarke MagicStick. Musik, Filme oder Videospiele, in denen er immer und immer wieder seine eigene Geschichte verarbeitet, sind inzwischen nur noch ein opulentes Zubrot.

Umso erstaunlicher ist es da, dass der smarte Geschäftsmann für "The Money and the Power" zum Teil in alte Straßengangsterklischees zurückgefallen ist. Die Idee, dem Sieger der Show eine ernst zu nehmende Summe für die eigene Unternehmung in die Hand zu drücken, geht ja immerhin weiter als die anderer Castingformate von schwarzen Kollegen wie P. Diddy oder Tyra Banks, wo man Gewinner mit Platten- oder Modelverträgen abspeist. Wem gebe ich 100.000 Dollar in der Hoffnung, dass er sie zu meinem eigenen Vorteil vermehrt? Diese Frage berührt das gewinnorientierte Selbstverständnis des schwarzen Hustlers und Selfmade-Millionärs 50 Cent in seinem Innersten.

Doch die kapitalistische Simulation in "The Money and the Power" ist wirklich jämmerlich. Nach ellenlangen Standpauken eliminiert 50 Cent nach Art eines Mafioso in jeder Folge eine Person, die angeblich nicht über genug Selbstkontrolle oder Leistungswille verfügte.

Erst verbreitet er Angst unter allen Anwesenden, dann jagt er oft Teilnehmer zum Teufel, die sich nach objektivem Ermessen so schlecht auch wieder nicht angestellt hatten. Statt Geldlogik regiert Starwillkür. MTV überlegt 50 Cents Four-Letter-Word-Kaskaden dann mit Pieptönen. "Get the beep out of here": Auf diese Weise wird Managernachwuchsförderung dann doch wieder nur zu einer Art Pimp-Schaulaufen.

Gleichzeitig geht das gleichermaßen raubtierkapitalistische Castingformat "The Apprentice" von Wirtschaftsmagnat Donald Trump nächstes Jahr in die zehnte Staffel. Setzt man dagegen, wie trostlos das groß beworbene 50-Cent-Spektakel abgeschmiert ist, kommt man zu einem traurigen Befund: Sosehr sich der Rapstar auch die kapitalistische Wirklichkeit zu seinem eigenen Vorteil gestaltet - die Repräsentation dieses wirtschaftlichen Aufstiegs beherrscht er alles andere als souverän.

So will einem auch nicht einleuchten, weshalb die Kapitalismus-Aspiranten bei 50 Cent in Ketten gefesselt durch New York laufen oder mit eher dürftigen Hilfsmitteln Pferdescheiße auf eine Waage hieven müssen. Mit den in "The Money and the Power" so drastisch beworbenen Wertsteigerungsstrategien hat das jedenfalls nichts zu tun. Traurig, aber wahr: Aus diesen 50 Cent wird kein Dollar.

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