Debatten innerhalb von Safer Spaces: Ohne Streit geht nichts voran

Der Kampf gegen rechte Trolle nimmt den Raum für kritischen Diskurs innerhalb der eigenen Community. Dabei ist gerade der am wichtigsten.

Nahaufnahme einer Frau

Durch die rechten Attacken der letzten Jahre werden viele Netz­ak­ti­vis­t*in­nen leiser Foto: Ralph Mohr/plainpicture

Was führt Menschen aus marginalisierten Gruppen in die Strukturen einer Community – und in sogenannte Safer Spaces? Neben der Suche nach politischen, solidarischen Gemeinschaften im Kampf gegen Diskriminierung ist es oft der Wunsch nach Zugehörigkeit und Verständnis. Auch für mich war die Vorstellung von Schwarzen Räumen erst mal eine von Zusammenhalt: Ruhe vor dem rassistischen Draußen, die Möglichkeit, zu entspannen und Kraft zu finden. Das war meine Fantasie. Nach einem Ort für noch mehr Konflikt und Konfrontation habe ich mich nicht gesehnt.

Aber ein Raum, um Differenzen untereinander anzusprechen und zu streiten, ist wichtig. Ohne diese Debatten kommen wir nicht weiter. Doch es ist kompliziert: In sozialen Netzwerken ist es für Betroffene und deren Verbündete kaum noch möglich, produktiv miteinander zu diskutieren, weil das Gebrülle und Getrolle von Rechts zu laut ist. Ich lösche auf Instagram viele Kommentare, die ich als destruktiv oder der Diskussion nicht zuträglich empfinde, damit Betroffene sich nicht die ganze Zeit daran abarbeiten müssen – sondern in einen konstruktiven Austausch miteinander treten können, der gerne auch kontrovers werden kann.

Vielstimmigkeit wird unterdrückt

Doch durch die rechten Attacken der letzten Jahre werden viele Netz­ak­ti­vis­t*in­nen leiser. Der Druck ist so stark, dass viele Stimmen verstummen, die ich sehr gerne hören würde. Stimmen, deren Klang sich in den letzten zehn Jahren erst so richtig zu entwickeln begonnen hat, oder es wird sich eben an konservativen und rechten Talking Points abgearbeitet, statt eigene Diskussionen zu führen und Konflikte auszutragen. So wird Vielstimmigkeit innerhalb marginalisierter Communities unterdrückt. Wenn ein Raum abwehrend reagiert, sobald rassistische Strukturen benannt und thematisiert werden, halte auch ich oft zur einzigen anderen Schwarzen Person auf dem Podium – auch wenn ich ihr in einzelnen Punkten nicht zustimme.

Auch, wenn wir uns nach außen gemeinsam verteidigen müssen, müssen wir nach innen unsere Unterschiede nicht unter den Teppich kehren. Diversität und Meinungsvielfalt innerhalb einer Community anzuerkennen ist notwendig um voneinander zu lernen, unsere Themen voranzutreiben und miteinander zu wachsen. Es hilft uns als Gruppe und jeder einzelnen Person beim Finden der eigenen Haltung und Stimme.

Ich verstehe die Angst vor Spaltung: Wenn man doch schon eine Minderheit ist, dann müssen doch alle zusammenhalten, oder? Ich glaube, dass politische Positionen ausgehandelt werden müssen. Es hilft, zu erkennen, dass wir neben einer geteilten Diskriminierungserfahrung auch Individuen sind, die sich mehr oder weniger gut verstehen. Das schützt vor Enttäuschungen. In einem Safer Space ist nicht alles harmonisch. Differenz auszuhalten, ist auch eine Form von Zusammenhalt.

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Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.

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