Die Wahrheit: Hochanständiger Skandal

Lebenslänglich Bayer: Aus der Sicht der CSU sind die Grünen derzeit einfach nur "Minimauschler, Bagatellbetrüger, Filzamateure und Amateuramigos".

Sie haben ihn „Schüttel-Schorsch“ genannt, weil er so gern und lang Hände geschüttelt haben soll. Was jener Georg Schmid, der langjährige Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayerischen Landtag und ministeriale Staatssekretär heute macht, außer eine üppige Pension zu beziehen, weiß man nicht so recht.

Man kann nur vermuten, dass der einstige Hoffnungsträger der bayerischen Landespolitik den Kopf schüttelt, wenn er liest, was gerade über die grüne Clanwirtschaft im Bund berichtet wird. Anfänger sind das doch, diese Grünen, wird er sich denken, Minimauschler, Bagatellbetrüger, Filzamateure und Amateuramigos. Ein Trauzeuge! Das ist ja noch nicht mal ein richtiger Verwandter.

Lachhaft kann das einer wie Schmid nur finden. Der hat über Jahre seine eigene Frau in seinem Wahlkreisbüro beschäftigt. Und nur weil die ihm Rechnungen geschrieben hat, statt als Angestellte für ihn zu arbeiten, ist er am Ende wegen Sozialversicherungsbetrugs verurteilt worden.

Ein blöder Fehler, den andere Abgeordnete im Landtag nicht gemacht haben. Die haben ihre Frauen und Kinder regulär angestellt. Auch als das eigentlich nicht mehr gestattet war, haben die Liebsten weiterkassieren dürfen. Der Landtag hatte eine Art Gewohnheitsrecht erlassen, weil doch nicht plötzlich falsch sein kann, was immer richtig war.

Verwandte zum Wohle des Staates

Man musste es ja nicht übertreiben. Für die meisten der doch immerhin 79 Parlamentarier, drunter übrigens nicht nur CSUler, die ihre engsten Verwandten mit Jobs versorgt haben, hatte die sogenannte Verwandtenaffäre keinerlei Folgen, was auch daran liegen mag, dass in den wenigsten Fällen nachgeforscht wurde, was denn die lieben Verwandten genau getan haben für das Wohl des Staates, von dem das Geld gekommen ist, das auf ihren Konten gelandet ist.

Man durfte es halt nicht allzu sehr übertreiben. Denn gewiss hätte CSU-Mann Georg Winter den Vorsitz im Haushaltsausschuss des Landtags behalten dürfen, hätte er nicht neben seiner Frau auch noch seine zwei Buben angestellt. Die waren 13 und 14 Jahre alt, als ihnen ihr Vater einen Minijob im Büro zur Wartung seiner Computer zugeschustert hat.

Strafbar ist das nicht gewesen, und so ist es nur billig und recht, dass Winter bis heute im Landtag sitzt. Mit dem Ende der Legislaturperiode im Herbst endet seine dann 33 Jahre währende Zugehörigkeit zum bayerischen Landesparlament. Er kandidiert nicht mehr und hat dann Zeit genug, seinen Bayerischen Verdienstorden und die ihm verliehene Bayerische Verfassungsmedaille in Gold dauerhaft auf Hochglanz zu polieren.

Er ist das, was man in Bayern einen hochanständigen Mann nennt. Ein bisschen Vetternwirtschaft kann da das Bild nicht trüben. Die gehört in Bayern einfach dazu wie der Schweinsbraten nach dem Kirchgang in der Spezlwirtschaft. Eine Trauzeugenaffäre ist im Vergleich dazu doch nur so etwas wie die vegane Variante eines Skandals.

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