Die Wahrheit: Das Schlimmste, wo gibt

Die von Menschen geäußerte Bandbreite, was das Schlimmste ist, wo gibt, außer Pest und Cholera, ist lang. Aber was hat das bloß mit Taekwondo zu tun?

Während ich diesen Text schreibe, wabern Kommandorufe um mich herum, quer durch die Lüfte und vom Schall getragen hinein in meine Schreibstube. Keine Kaserne liegt im übernächsten Berliner Hinterhof, kein Nato-Hauptquartier. Nein, es handelt sich um eine waschechte Kampfkunstschule in einem waschechten Gewerbehof, der demnächst wahrscheinlich auch wie so viele andere luxussaniert wird.

Dann muss die Kampfkunstschule, die unter anderen martialischen Künsten auch Taekwondo anbietet, wahrscheinlich einem Start-up mit virtueller Kochmütze namens „Virtue for pots“ oder so ähnlich weichen. Oder die Kampfkunstschule hat die Kohle und geht mit mit einer 450-prozentigen monatlichen Gewerbemietsteigerung, wie sie in meinem Hipster-Kiez des Öfteren vorkommt, Steigerungsrate nach oben offen.

Vielleicht wird sie sich fortan „Fucking fight“ oder gleich „Grab the money and run“ nennen, was nichts mit dem eigenen Grab zu tun hat, sondern damit, dass man die Kohle zwischen die Beine klemmen und wegrennen soll. Bis es soweit ist, höre ich meist zwischen 16 und 22 Uhr diverse Schreie des Befehls in einem mir unbekannten Idiom, auf die dann, je später die Tageszeit, immer tiefer werdende Stimmen antworten.

Erst ist Kindertraining wohl, dann Jugendtrainining, anschließend machen die Älteren bis Alten Taekwondo. Ich nehme an, dass die Befehle auf Koreanisch abgesetzt werden, denn der frühere südkoreanische General Choi Hong Hi gilt laut Wikipedia als der Begründer des modernen „Tae Kwon Do“. Die drei Silben des Namens stehen für Fußtechnik (tae), Handtechnik (kwon) und Weg (do). In meinem Fall kriege ich nur den do, den Weg des lauten Schalls mit. Taekwondo soll aber sehr gesund sein und auch trotz viel Geschrei das Miteinander und die Menschlichkeit stärken: Friede den Hüten. Punkt.

Tod des Generals in Nordkorea

Nur eins noch: „Es gibt kaum einen Pionier im Kampfsport, der so umstritten ist wie General Choi Hong Hi“ lese ich auf kick24.info, und dann tippe ich mich doch nochmal tief ins Netz rein und lese, dass Taekwondo nach 1945 aus dem japanischen Karate entstanden ist. Der südkoreanische General besuchte übrigens mit einem Taekwondo-Team 1981 Nordkorea, wo seitdem auch kräftig und brüllend gekämpft wird. Choi Hong Hi galt ab da als Landesverräter und musste 2002 in Nordkorea sterben. Nicht schön das.

Was ich eigentlich erzählen wollte, jetzt, wo das Kampfgeschrei nachlässt, nein, jetzt ist es vollends verstummt, also was ich eigentlich erzählen wollte, war, dass ich darüber schreiben wollte, dass die von Menschen geäußerte Bandbreite, was das Schlimmste ist, wo gibt – außer Pest und Cholera in allen Unarten – lang ist. Was mich angeht, mache ich es kurz: Das Schlimmste, wo gibt, ist für mich Linienbusfahren und Lakritze. Nur zu toppen von Lakritze essen in einem Linienbus.

Taekwondo finde ich eigentlich ganz interessant.

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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