Dritter Women's March in den USA: In New York marschieren sie getrennt

Tausende Menschen – vor allem Frauen – demonstrieren in mehreren US-Städten. Doch Antisemitismus-Vorwürfe spalten die Bewegung gegen Trump.

Eine Frau mit pinker Mütze und einem Schild, auf dem "Revolution" steht.

Für Vielfalt, gegen Trump: Teilnehmerin des Women's March am Samstag Foto: ap

NEW YORK taz | Die vergangenen zwei Jahre waren „elendig und deprimierend“, sagt die 25-jährige Kirsten Trambley „Der Schaden wird langanhaltend sein.“ Zusammen mit Tausenden Menschen ist die Theologiestudentin am Samstag beim Women's March in New York auf die Straße gegangen, um gegen US-Präsident Donald Trump und für Frauenrechte zu demonstrieren.

Doch Trambley hat auch Hoffnung. Die Wahl von mehr als hundert Frauen in das US-Repräsentantenhaus bei den Midterm-Wahlen im November sei ein historischer Erfolg gewesen. Viele junge und progressive Politikerinnen seien darunter gewesen. Auch der Schulterschluss der breiten Oppositionsbewegung gibt ihr Hoffnung.

Trambley steht inmitten von Tausenden Frauen und ein paar hundert Männern am Foley Square im Süden Manhattans. Sie demonstriert für Mutterschaftsurlaub für Universitätsbeschäftigte und gegen den Shutdown der Regierung.

Auch in der Hauptstadt Washington und anderen US-Städten haben sich vor allem Frauen versammelt. Viele der Demonstrierenden teilen die durchwachsenen Gefühle der angehenden Theologin Trambley. Seit der Wahl Donald Trumps haben sie zahlreiche Niederlagen erlitten, aber auch große Erfolge erzielt.

Wie schon vor zwei Jahren beim ersten Women's March, bei dem mehr als vier Millionen Menschen gegen Trump auf die Straße gingen, ist es auch in diesem Jahr wieder eiskalt. Aber die rosa Strickmützen von damals sind seltener geworden. Auch der Name des US-Präsidenten ist seltener auf den Plakaten zu lesen. Selbst der Slogan „Nicht mein Präsident“ ist weitgehend verschwunden.

Stattdessen geht es um die Rechte von Frauen, Trans*menschen und MigrantInnen und um die Einheit der Oppositionsbewegung, die viele am Foley Square „Widerstandsbewegung“ nennen.

Streit über Antisemitismus

Der dritte Women's March ist nicht annähernd so groß wie der erste. Die Polizei in Washington ging von rund 20.000 DemonstrantInnen aus, in New York kamen mehrere hundert zusammen. Doch erneut wird an 300 Orten im ganzen Land demonstriert.

In New York gibt es dieses Jahr zwei Demonstrationen. Parallel zur Demo am Foley Square läuft eine zweite Gruppe an der Upper Westside von Manhattan. Hierzu hatten Frauen aufgerufen, die den Initiatorinnen des Women's March vorwerfen, sie hätten sich nicht klar von Antisemitismus distanziert. Deren Anhängerinnen wiederum kritisierten, weiße Frauen würden es nicht verkraften, dass eine Bewegung von Frauen geführt werde, die mehrheitlich eine diverse Herkunft haben. Drei der Initiatorinnen des Women's March sind Women of Colour.

Die Kontroverse über Antisemitismus kochte hoch, nachdem zwei der vier Frauen an der Spitze der Organisation – die 38-jährige Afroamerikanerin Tamika Mallory und die 40-jährige Chicana Carmen Perez – im vergangenen Februar an einer Veranstaltung von Louis Farrakhan, dem Chef der „Nation of Islam“, teilgenommen hatten, der antisemitische Positionen vertritt.

Wenig später erklärte Vanessa Wruble, eine jüdische Aktivistin aus New York, die anfänglich beim Women's March mitgemacht hatte, dass es auch im internen Mailverkehr des Women's March antisemitische Äußerungen gegeben habe. Allein Bob Bland, der einzigen weißen Frau an der Spitze der Bewegung, hat bislang niemand Antisemitismus vorgeworfen.

Die vier Initiatorinnen haben sich öffentlich dafür entschuldigt, nicht umgehend auf Distanz zum Antisemitismus von Farrakhan gegangen zu sein. Antisemitische Äußerungen in der internen Kommunikation bestritten sie. Aber der Vorwurf lastet schwer auf der Bewegung.

„Migranten machen Amerika groß“

Die Ärztin Danielle Ofri will sich durch den Streit nicht beeindrucken lassen. „Eine Bewegung gehört nicht ihren Organisatorinnen“, sagt sie. Ihre Entscheidung für den Foley Square begründet sie damit, dass ihre FreundInnen hier seien. Außerdem halte die Feministin Gloria Steinem eine Rede. Ofri, deren Vater aus Israel eingewandert ist, trägt ein Transparent mit der Aufschrift „Migranten machen Amerika groß“.

Die 53-Jährige war bis zu Trump's Wahl unpolitisch, hat aber seit seinem Amtsantritt keinen Women's March ausgelassen. Als größte Erfolge der Bewegung betrachtet Ofri die gestiegene Wahlbeteiligung, das wachsende Interesse von Frauen, für politische Ämter zu kandidieren, und die zurückgewonnene demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Auf der Rednerinnenbühne am Foley Square spricht mittlerweile die Feministin Steinem. „Zur Unterdrückung gehört der Verlust des historischen Gedächtnisses über den Unterdrücker“, sagt sie. Und: In ihrem gesamten Leben habe nie so viele feministische AktivistInnen gesehen wie seit der Wahl Donald Trumps.

An diesem Samstag zeigt der Women's March dieselbe Vielfalt, mit der er vor zwei Jahren angefangen hat. Bei der zentralen Demonstration in Washington treten wie vielerorts in den USA Rabbinerinnen, schwarze und weiße christliche Geistliche und Sprecherinnen der muslimischen Gemeinschaft auf.

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