Drugchecking Pilot-Projekt: Mysteriöse Bestrafer

Seit Juni können Kon­su­men­t:in­nen kostenlos ihre Drogen testen lassen. Die Warnhinweise verraten einiges über die Drogenqualität in Berlin.

Eine Ecstasy-Pille «Blue Punisher», aufgenommen im Labor des drugchecking Projekts Berlin

Bestrafen mal mehr, mal weniger: Der Wirkstoffgehalt der „blauen Punisher“ schwankt enorm, ergaben Analysen des Drugcheckings Foto: dpa

BERLIN taz | Der Silvesterabend naht, und mit ihm die irrationale Erwartung, ausgerechnet mitten im Winter die beste, größte und längste Party des Jahres feiern zu müssen. Wenig überraschend also, dass zum Jahreswechsel nicht nur viel geböllert, sondern auch viel geballert wird. Für viele Ber­li­ne­r:in­nen gehören Partydrogen wie Kokain, Ecstasy oder Ketamin einfach dazu, um den willkürlich festgelegten Zahlenwechsel im Kalenderdatum zu zelebrieren.

Zum Glück gibt es mit dem senatsfinanzierten Drugchecking seit Juni die Möglichkeit, Drogen kostenlos testen zu lassen. Zwar lassen sich vor Silvester keine Proben mehr abgeben, doch zur Risikominimierung lohnt ein Blick auf die Warnungen, die das Projekt bei besonders hochdosierten, verunreinigten oder falsch deklarierten Substanzen in den letzten Monaten auf seiner Website veröffentlicht hat. Rund 50 Proben pro Woche werden im Labor analysiert, in rund einem Drittel der Fälle gibt es eine Warnung raus.

Genügend Material also für eine kleine Zwischenbilanz: Auf jeden Fall meiden sollte man demnach Kokain. Das kostspielige Aufputschmittel wird nämlich immer häufiger mit dem Tierentwurmungsmittel Tetramisol gestreckt. Die Nebenwirkungen sind gruselig: „Die nekrotisierend gefäßschädigenden Eigenschaften werden bei starkem Kokainkonsum mit dem Absterben ganzer Hautareale in Verbindung gebracht“, heißt es in dem Warnhinweis.

Fast überraschend ist es da schon, dass die meisten getesteten Ectasy-Pillen tatsächlich nur den Hauptwirkstoff MDMA enthielten. Allerdings waren viele der getesten Tabletten derart überdosiert, dass eine ganze Pille eine Überdosis bedeuten würde – wer mit einem Viertel oder noch weniger anfängt, ist also gut beraten. Auch zeigen die Laborergebnisse, dass Prägung einer Pille kaum Aufschluss über deren Wirkstoffgehalt bietet. So zählte die berüchtigte „blaue Punisher“ zu den am häufigsten abgegebenen Ecstasy-Tabletten, der festgestellte MDMA-Anteil unterschied sich aber bei fast jeder analysierten Probe.

Nazis auf Teilen

Im November wurde sogar eine Pille der euphorisierenden und empathiefördernden Droge im Reichsadler-Design samt Hakenkreuz abgegeben. Wenn Sie diese auf der Silvesterparty angeboten bekommen, sollten Sie sich wahrscheinlich nicht nur wegen des extrem hohen MDMA-Gehalts Sorgen machen.

Vorsicht geboten ist auch für alle, die nur ab und zu einen Joint rauchen. Bei zwei als Marihuana abgegeben Proben wurden synthetische Cannabinoide entdeckt, die „im Gegensatz zu Cannabis zu schweren und tödlichen Vergiftungen“ führen können, wie es in der Warnung heißt. Vielleicht wäre es ein guter Neujahrsvorsatz für den Senat, das Drugcheckingangebot deutlich auszuweiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.