Duale Ausbildung in Berlin: Ganz gute Chancen für Azubis

Zum Start des Ausbildungsjahres sind in Industrie, Handel und Handwerk noch viele Plätze frei. Allerdings nicht immer in den beliebtesten Berufen.

Eine junge Frau prüft den Ölstand bei einem Auto

KFZ-Mechatroniker*in – weiterhin ein Traumjob für viele Jugendliche Foto: imago

BERLIN taz | Wer gerade noch einen Ausbildungsplatz sucht, hat gute Chancen. Viele Ausbildungen starten zum 1. September. Berlin gehört zwar zu den Regionen, in denen die Bundesagentur für Arbeit derzeit mehr Be­wer­be­r*in­nen als Ausbildungsplatzangebote gelistet hat, aber der Erfahrung nach ist es erst nach Abschluss der Ausbildungsverträge sinnvoll, eine Bilanz zu ziehen. „Das sieht dann im Oktober oft ganz anders aus als im August“, sagt Daniel Jander, Sprecher der Berliner Handwerkskammer.

Ende Juli waren von den Jugendlichen, die sich bei der Bundesagentur für Arbeit ausbildungssuchend gemeldet hatten, noch rund 8.100 unversorgt, wie Agentur-Sprecherin Melanie Speck sagte. Demgegenüber standen 7.400 noch unbesetzte Stellen. In Brandenburg waren es 4.400 noch suchende Jugendliche gegenüber 6.700 unbesetzten Ausbildungsplätzen.

Das Verhältnis für Berlin bedeute allerdings nicht, dass die Chancen auf einen Ausbildungsplatz schlecht seien, sagt Speck. „Neben den betrieblichen Ausbildungsplätzen gibt es auch noch Plätze in schulischen Ausbildungen, diese werden in der Ausbildungsmarktstatistik der Agentur für Arbeit nicht abgebildet“, sagt sie. Auch käme es vor, dass Jugendliche sich für ein freiwilliges soziales Jahr oder weiteren Schulbesuch entschieden.

„Grundsätzlich sind die Chancen gut, viele Plätze sind noch unbesetzt“, sagt Speck. Die Arbeitsagentur hätte mit der Einstiegsqualifizierung und den Orientierungsangeboten außerdem viele Möglichkeiten, interessierte Jugendliche bei der Suche nach dem passenden Platz zu unterstützen oder sie während der Ausbildung zu fördern.

Entwicklung bei Klimaberufen

Auf dem Ausbildungsmarkt in Berlin und Brandenburg sind laut Arbeitsagentur noch viele freie Ausbildungsstellen in der Metallbearbeitung, im Maschinenbau, der Mechatronik und Energietechnik vorhanden. Bauberufe, Heizung und Sanitär, Handel und Lebensmittelverarbeitung sowie Berufe in der Lagerwirtschaft seien ebenfalls stark vertreten.

Bei den Jugendlichen ist einer der beliebtesten Berufe im Handwerk nach wie vor der KFZ-Mechatroniker, sagt Handwerkskammer-Sprecher Jander. Er sieht auch Entwicklungen bei den Klimaberufen, etwa bei Energieelektronikern und im Heizungsbau. „Der Zusammenhang wird immer klarer: Es sind die Handwerker, die Klimaschutz im Alltag umsetzen“, sagt Jander. „Das bedeutet auch, dass die Berufe in diesem Bereich interessanter und beliebter werden.“

Noch sei es zu früh, um Zahlen zu nennen. Ein Einstieg in die Ausbildung sei in vielen Fällen auch im Oktober oder zum November noch möglich – und mitunter auch sinnvoll, etwa über die Einstiegsqualifizierung. Das ist eine Art Praktikum, das in ein Ausbildungsverhältnis münden kann. „Die Mehrheit der handwerklichen Betriebe hat weniger als zehn Mitarbeiter, da ist es oft entscheidend, dass jemand menschlich reinpasst“, sagt Jander. Seiner Erfahrung nach seien die Betriebe sehr engagiert und würden ihre Azubis bei Bedarf oft mit Nachhilfe unterstützen. „Nur Mut also bei der Bewerbung.“

Aus den reinen Zahlen von Be­wer­be­r*in­nen und freien Plätzen geht außerdem nicht hervor, in welchen Bereichen die Jugendlichen suchen. Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte eine Umfrage unter 250 Berliner Unternehmen ergeben, dass 43 Prozent von ihnen die Ausbildungsplätze nicht oder nicht vollständig besetzen können. 28 Prozent der Unternehmen hätten gar keine Bewerbungen erhalten. Hier bräuchte es eine bessere Berufsorientierung schon während der Schulzeit, heißt es in einem Statement der Kammer.

Wohnungsnot trifft Azubis besonders

„Wenn Jugendliche keinen Platz in ihrem gewünschten Beruf bekommen, kann eine Beratung helfen, ähnliche Berufsfelder zu finden“, sagt eine Sprecherin der IHK. Die IHK bietet dafür zusammen mit dem Senat und weiteren Verbänden noch bis Ende der Sommerferien eine Praktikumswoche an, bei der Interessierte an fünf Tagen fünf Berufe ausprobieren und fünf Unternehmen kennenlernen können. Von diesem Angebot, das seit Ende Juni läuft, verspricht die IHK sich eine bessere Vorbereitung auf die Berufswahl.

Ein Problem für Azubis, das gar nichts mit der Berufswahl zu tun hat, ist die Wohnungskrise. 60 Prozent der befragten IHK-Unternehmen hatten angegeben, dass die Wohnsituation ein Problem bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze sei. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hatte im Juli Azubiwerke vorgeschlagen, um nach dem Vorbild von Studierendenwerken günstigen Wohnraum für Azubis zu schaffen. Solche Azubiwerke gibt es bereits in Hamburg und München. Kiziltepe will diesen Plan Ende August bei der Sitzung des Bündnisses für Ausbildung einbringen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.