EU-Lieferkettengesetz blockiert: FDP will Ketten sprengen

Finanzminister Lindner und Justizminister Buschmann blockieren die EU-Lieferketten-Richtlinie. Damit könnten sie das Gesetz stoppen.

Marco Buschmann bei einem Gespräch.

Marco Buschmann (FDP) ist bekannt für Blockaden, seine „Will-ich-nicht-Attitude“ und für seine miserablen Soundcloud-Playlists Foto: Britta Pedersen/dpa

Die Wogen schlagen wieder hoch in der Ampel-Regierung. Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) erklärten am Donnerstag, sie würden der europäischen Lieferketten-Richtlinie nicht zustimmen. Der in der Regierung für das Thema federführende SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil will dagegen weiter einen Kompromiss suchen. Auch aus dem grün-geführten Wirtschaftsministerium hieß es, die Gespräche liefen weiter.

Die beiden FDP-Minister bleiben allerdings dabei. „Im Rat der Europäischen Union hat dies eine Enthaltung Deutschlands zur Folge, die im Ergebnis wie eine Nein-Stimme wirkt“, steht in ihrem Schreiben vom Donnerstag. Die gemeinsame Entscheidung der 26 EU-Staaten ist bisher für den 9. Februar geplant. Sollte die FDP bei ihrem Nein bleiben, könnten weitere Regierungen folgen und die Richtlinie kippen.

Die anstehende Abstimmung in Brüssel ist eigentlich nur noch eine Formalie. Denn die EU-Kommission, der Rat der Regierungen und das EU-Parlament haben sich auf den vorliegenden Entwurf der Richtlinie geeinigt – unter Mitwirkung der Bundesregierung und auch von Justizminister Buschmann.

Das Gesetz für unternehmerische Nachhaltigkeit und Sorgfalt (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) legt grundsätzlich fest, dass sich europäische Firmen um die sozialen und ökologischen Menschenrechte der Beschäftigten in ihren Zulieferfabriken kümmern müssen.

„Überforderung“ deutscher Firmen durch die EU

Der FDP geht die Richtlinie nun zu weit. Beispielsweise soll sie für europäische Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten gelten, statt wie im schon existierenden deutschen Lieferkettengesetz bei 1.000 Beschäftigten. Im EU-Gesetz ist dazu eine zivilrechtliche Haftung für Firmen enthalten: Bei nachgewiesenen Verstößen könnten sie von geschädigten Beschäftigten im Ausland vor europäischen Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden.

Die FDP-Minister beklagen deshalb eine „Überforderung“ deutscher Firmen durch die EU-Regelung. Gerade kleine Betriebe sind formell zwar nicht betroffen, werden aber möglicherweise rechenschaftspflichtig gegenüber großen Unternehmen, die sie beauftragen. Fachleute weisen währenddessen darauf hin, dass die geplante Haftungsregelung nicht über das existierende deutsche Recht hinausgehe.

Hubertus Heil (SPD) will retten, was zu retten ist

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will in der Ressortabstimmung mit den anderen Ministerien noch retten, was zu retten ist. Um das deutsche Ja zum EU-Gesetz zu sichern, bot er der FDP am Donnerstag ein „Entlastungspaket“ an. Ein Punkt darin: Die bisherige Pflicht der Unternehmen, Berichte über ihre Erfüllung des deutschen Lieferkettengesetz an das Bundesamt für Wirtschaft zu schreiben, soll komplett entfallen. Die Berichtspflicht würde dann später nur durch die EU-Richtlinie geregelt, wenn diese in Kraft tritt.

Über die FDP-Ablehnung erleichtert zeigte sich der Bundesverband der Deutschen Indus­trie. Der Handelsverband freute sich ebenfalls, weil die EU-Regelung „zu tief in bestehende nationale Rechtssysteme eingreift“. Die Initiative Lieferkettengesetz, ein Zusammenschluss unter anderem von Entwicklungsorganisationen und Gewerkschaften, erklärte dagegen: „Die FDP-Sabotage ist ein Affront gegen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen.“ Die grüne EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini sagte: „Mit der plötzlichen Vollbremsung auf den letzten Metern würde die FDP dem Ansehen Deutschlands auf europäischer Ebene schaden.“

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