EuGH verurteilt Polen: Warschau, zur Kasse!

Im Justiz-Streit zwischen Polen und der EU hat der EuGH Warschau zu einem Zwangsgeld verurteilt. Das Land soll eine Million Euro zahlen – täglich.

europäische und polnische Fahne

Der Streit zwischen Warschau und Brüssel spitzt sich seit Wochen zu Foto: Patrick Pleuel/dpa

LUXEMBURG afp | Im Konflikt um die umstrittenen polnischen Justizreformen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg das Land angewiesen, der EU-Kommission täglich eine Million Euro Zwangsgeld zu zahlen. Polen habe eine frühere EuGH-Entscheidung zur Disziplinarkammer für Richter nicht umgesetzt, begründete das Gericht am Mittwoch seinen Beschluss. Dies sei aber notwendig, um ernsthaften und irreparablen Schaden von den europäischen Werten, vor allem der Rechtsstaatlichkeit, abzuwenden. (Az. C-204/21)

Die EU-Kommission und Polen streiten seit langem um die Einhaltung der verbindlichen rechtsstaatlichen Grundsätze. Polen wird deren Missachtung vorgeworfen, seit die nationalkonservative Regierung den Umbau des polnischen Justizwesens begann.

Befürchtet wird, dass die Unabhängigkeit der Justiz von der Politik nicht mehr gewährleistet ist. Kern der Reform ist die Disziplinarkammer, die Richter bestrafen und entlassen kann und deren Mitglieder vom politisch kontrollierten Landesjustizrat ernannt werden.

Vor allem darum ging es auch in der aktuellen EuGH-Entscheidung. Bereits im Juli entschied der EuGH nämlich, dass die Disziplinarkammer gegen EU-Recht verstoße. Polen müsse ihre Arbeit aussetzen, hieß es in der einstweiligen Anordnung. Da das Land sich daran nicht hielt, zog die Kommission erneut vor den EuGH und beantragte ein Bußgeld.

Polen seinerseits beantragte erfolglos die Aufhebung der Anordnung vom Juli. Der Gerichtshof entschied nun, dass Polen das Zwangsgeld solange zahlen muss, bis es die frühere EuGH-Entscheidung umsetzt oder das endgültige Urteil fällt. Bisherige Maßnahmen reichten nicht aus.

Morawiecki: „Pistole auf die Brust“

Schon im September war Polen zu täglichen Zahlungen von einer halben Million Euro verurteilt worden, weil es entgegen einer einstweiligen Anordnung den Braunkohleabbau im Tagebau Turow nicht stoppte. Allerdings entschied wiederum das polnische Verfassungsgericht Anfang Oktober, dass EU-Recht keinen Vorrang gegenüber nationalem Recht habe.

Der Streit spitzte sich seitdem weiter zu. Am Montag etwa warf der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki der EU vor, ihm mit dem Antrag beim EuGH die „Pistole auf die Brust“ zu setzen.

Das Thema wurde auch beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche besprochen. Dort sagten mehrere EU-Staats- und Regierungschefs, dass Brüssel die von Warschau erwarteten 36 Milliarden Euro für den Wiederaufbau nach der Pandemie nicht freigeben werde, solange der Streit nicht geklärt sei.

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