FC St. Pauli prüft Genossenschaft: Der andere Fußball

Die Gründung einer Genossenschaft soll das angegriffene Eigenkapital des FC St. Pauli stärken. Das kündigte Präsident Oke Göttlich an.

Oke Göttlich steht in einem braunen Anzug an einem Rednerpult, im Hintergrund große Banner mit dem Logo des FC St. Pauli

Sucht sein Heil in der Genossenschaft: St. Paulis Präsident Oke Göttlich Foto: Jan Kahlcke

HAMBURG taz | Der FC St. Pauli macht ernst mit der Gründung einer Genossenschaft. Das kündigte Präsident Oke Göttlich am Donnerstagabend auf der Jahreshauptversammlung des Clubs an. „Wir wollen im 1. Quartal die Voraussetzungen dafür prüfen, eine Genossenschaft zu gründen“, sagt Göttlich. Damit werden nun die entsprechenden Gremien des FC St. Pauli befasst.

Göttlich erinnerte daran, dass der Einstieg eines Investors für den Verein nicht in Frage komme. Auch zahlreiche Sponsoring-Möglichkeiten wie etwa der Verkauf des Stadionnamens seien ausgeschlossen. „Wir verzichten auf viele Einnahmen, die andere Clubs gerne mitnehmen.“ Daran soll sich auch künftig möglichst nichts ändern – trotz möglicherweise sinkender Einnahmen aus Fernseh-Übertragungsrechten.

Deshalb müsse man sich andere Gedanken darüber machen, wie man den Profifußball langfristig finanzieren könne. Die Genossenschaft soll nun zumindest schon mal dafür sorgen, dass das zuletzt geschmolzene Eigenkapital wieder gestärkt wird.

Darauf, warum das nötig ist, gibt das aktuelle Jahresergebnis einen Hinweis: Der FC St. Pauli machte im im ersten Nach-Corona-Geschäftsjahr 2022/23 einen Verlust von fast fünf Millionen Euro – und das, obwohl der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um rund zwölf auf 62 Millionen gestiegen war. Das Eigenkapital des Konzerns, also des Vereins und der mit ihm verbundenen Gesellschaften, sank dadurch von knapp acht auf nur noch rund 3,2 Millionen Euro.

Verlust mit nachhaltigem Merchandising

Zu dem Verlust hat die Ausrüstungs-Eigenmarke DIIY beigetragen, die ganz auf fair produzierte Produkte setzte. Damit hatte der FC St. Pauli eigentlich erreichen wollen, dass ein höherer Anteil der Merchandising-Einnahmen im Club verbleibt, statt einem externen Ausrüster zu Gute zu kommen.

Doch vor wenigen Wochen ist der FC St. Pauli unter den Mantel des Sportartikel-Riesen Puma geschlüpft. Die Profimannschaft wird künftig mit der Raubkatze auf dem Trikot auflaufen. „DIIY ist nicht gescheitert“, beschwor Göttlich zwar noch einmal die charmante Idee. Im Gegenteil, die Eigenmarke habe erst die Voraussetzung für den lukrativen Vertrag mit Puma geschaffen. Aber unter dem Strich geht der Verein aus seinem Nachhaltigkeits-Abenteuer mit einem dicken blauen Auge hervor.

Auch die Personalkosten drücken den Club: 3,7 Millionen Euro Miese stehen dort zum Ende des Geschäftsjahres am 30. Juni zu Buche, davon allein 1,8 Millionen in der Verwaltung.

Dabei zahlt St. Pauli seinen Mitarbeitenden jenseits der Profiabteilung teilweise untertarifliche Gehälter. Tarifverhandlungen laufen schon lange und könnten frühestens im kommenden Jahr zum Abschluss kommen. Absehbar werden sie dazu führen, dass die Personalkosten weiter steigen. Der Club ist auch deswegen dringend auf neue Geldquellen angewiesen.

Genossenschaft: erster Anlauf vor fünf Jahren

Mit der Idee einer Genossenschaftsgründung greift der Club einen alten Plan wieder auf: Vor fast genau fünf Jahren, im Dezember 2018, war er damit erstmals an die Öffentlichkeit gegangen. Der damalige Geschäftsführer Andreas Rettig hatte das Projekt federführend vorangebracht. Doch als Rettig St. Pauli ein Jahr später verließ, versandete es zunächst. Und in den folgenden Pandemie-Jahren hatte man andere Sorgen.

Rettig hatte seinerzeit in der taz skizziert, wie er sich die Genossenschaft vorstellen könnte: Bis zu 46 Prozent der Millerntor-Stadion Betriebs GmbH und Co. KG hätten demnach an Ge­nos­s*in­nen gehen können. Diese sollten jeweils das gleiche Stimmrecht haben, unabhängig davon, wie viele Anteile sie zeichnen.

Der Verein selbst hätte in jedem Fall die Mehrheit an der Stadiongesellschaft behalten. Ob die Anteile verzinst werden sollten, ließ Rettig damals offen. „Reich werden wird mit einem Genossenschaftsanteil niemand“, sagte Rettig damals. „Was ich aber versprechen kann, ist eine emotionale Rendite.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.