Fake News und soziale Medien in Ghana: Pressefreiheit als Fassade

Ghana hat fortschrittliche Mediengesetze, aber die Lage der Jour­na­lis­t:in­nen hat sich verschlechtert. Fake News in sozialen Medien verbreiten sich.

Der Undercover-Jounalist Anas Aremeyaw Anas verdeckt sein Gesicht mit seinen Haaren

Der Investigativjounalist Anas Aremeyaw Anas bleibt besser unerkannt Foto: Francis Kokoroko/reuters

TAMALE taz | Im von autoritären Regimen geprägten Westafrika gilt Ghana als Leuchtturm der Demokratie. In der Verfassung von 1992 werden die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien garantiert, Zensur verboten und Lizenzen als Voraussetzung für den Betrieb von Massenmedien abgeschafft. Seither hat Ghana eine Liberalisierung der Medien erlebt.

Es gibt heute mehr als 500 kommerzielle Radio- und über 100 TV-Sender. Im Jahr 2001 wurde unter Präsident John Agyekum Kufuor ein Gesetz abgeschafft, durch das Verleumdungen strafrechtlich verfolgt wurden, was der Pressefreiheit einen weiteren Schub gab. Darauf stufte Reporter ohne Grenzen (RSF) das Land 2018 in der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 1 in Afrika ein und weltweit auf Platz 23, noch vor den USA und Großbritannien.

Doch seitdem hat sich die Lage kontinuierlich verschlechtert. Jour­na­lis­t:in­nen fürchten laut Ghana Journalists Association (GJA) mittlerweile um ihre Sicherheit und Freiheit. Verantwortlich dafür machen zivilgesellschaftliche Organisationen auch Präsident Akufo Addo, in dessen Amtszeit Ghana auf Platz 50 der RSF-Rangliste abgerutscht ist.

Die Liste der Probleme der Journalisten ist heute lang: Manche werden körperlich attackiert, andere von der Polizei behindert und inhaftiert. Oder sie erhalten ominöse Warnungen per WhatsApp und Facebook, nur weil sie ihren Beruf ausüben. Laut Emmanuel Dogbevi vom digitalen Investigativ-Medium Ghana Business News ist die Pressefreiheit in Ghana „nur noch eine Fassade“. Denn die ghanaischen Politiker seien „zunehmend korrupt und korrupte Politiker mögen keinen kritischen Journalismus“.

Neben körperlichen Übergriffen, Drohungen, Einschüchterungen und Inhaftierungen sind die Medien in Ghana mit wachsender Desinformation konfrontiert. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass rund 70 Prozent der Gha­nae­r:in­nen Zugang zu den sozialen Medien haben. Diese haben die Bür­ge­r:in­nen zwar in die Lage versetzt, sich zu wichtigen Themen selbst öffentlich zu äußern. Doch zeigen Studien, dass die sozialen Medien in Ghana auch Plattformen zur Verbreitung von Fehl- und Desinformationen sind. So ist eine Zunahme von Fake News und bösartigen Gerüchten zu beobachten.

Soziale Medien als Herausforderung für den Journalismus

Die sozialen Medien beschleunigen die Verbreitung von Desinformationen, was eine Herausforderung für den Journalismus ist. Laut dem Medienwissenschaftler Eliasu Mumuni von der University for Development Studies in Tamale „untergraben Desinformationskampagnen das öffentliche Vertrauen in den Journalismus, was zur Erosion der Glaubwürdigkeit der Presse führt und ihre Fähigkeit schwächt, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen“.

Besonders in konfliktträchtigen Gebieten im Norden Ghanas werden Fake News zur Eskalation von Konflikten genutzt. In Nachbarländern wie Mali, Niger, Burkina Faso und Guinea-Bissau waren sie der Schlüssel zum Sturz von Regierungen. Das stärkt Befürchtungen, dass Desinformation bei Ghanas Parlamentswahlen im Dezember entscheidend Einfluss nehmen könnte.

Westafrikanische Regierungen haben mit repressiven Gesetzen reagiert, die nach Ansicht von NGOs wie der Media Foundation for West Africa (MFWA) und Berufsverbänden wie der GJA und der Private Newspapers and Online News Publishers Association of Ghana (Prinpag) dazu Kri­ti­ke­r:in­nen mundtot machen sollen. Laut dem MFWA-Factchecker Kwaku Krobea Asante sind derzeit in Westafrika mehrere Jour­na­lis­t:in­nen aufgrund von Cybergesetzen und solchen zur Bekämpfung von Desinformation inhaftiert. Diese Gesetze seien zu den „wichtigsten Instrumenten von Regierungen“ geworden, „um kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen“. Das verhindere einen „verantwortungsvollen Journalismus“. Die Ausbreitung von Fake News belaste Medienhäuser auch finanziell, da sie zu deren Bekämpfung Ressorts fürs Fact-Checking einrichten müssen, wofür auch Schulungen nötig seien.

Soziale Medien haben auch zur Gründung neuer Medien geführt, in Ghana etwa zum YouTube-Kanal TV Zionfelix oder einer Vlogger-Figur wie Wode Maya, der bei YouTube über 1,5 Millionen Follower hat. Jetzt richten auch etablierte Medien eigene Social-Media-Auftritte ein und suchen Werbekunden für den Cyberspace.

Um ihre Reichweite zu erhöhen, setzen auch zivilgesellschaftliche Organisationen zunehmend auf soziale Medien. Laut Stephen Agbenyo, Geschäftsführer von Savannah Signatures, hat seine NGO in der Öffentlichkeitsarbeit bisher auf traditionelle Medien gesetzt. Jetzt ändere sich das. „Wir haben das meiste in die sozialen Medien verlagert, weil wir dort eine viel größere Wirkung erzielen können.“

Der Autor ist Korrespondent der Ghana Broadcasting Corporation (GBC) für Nordghana und Teilnehmer des Afrika-Workshops 2023/24 der taz Panter Stiftung

Ghana: Rangliste der Pressefreiheit: Platz 50

Dieser Artikel ist am 3. Mai 2024 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit erschienen. Weitere Infos hier.

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