Feuerpause im Nahen Osten: Keine guten Optionen

Israel steckt in einem erdrückenden Dilemma. Eine Feuerpause könnte der Hamas einen wichtigen Vorteil bringen. Weiterkämpfen gefährdet die Geiseln.

Eine verletzte Frau telefoniert und hält die Augen geschlossen

Verletzte Frau in einem Krankenhaus in Chan Yunis, Gaza, 3. 11. 2023 Foto: Fatima Shbair/ap

Wer die Bilder sieht, die uns aus dem Gazastreifen erreichen, wer hört, wie Narkosemittel für Operationen fehlen, wie Kinder in der Nacht vor Hunger weinen, wie ganze Familien unter Schutt begraben werden, der kann im Grunde nicht anders, als umgehend einen Waffenstillstand zu fordern. Der Krieg lässt die nach dem grauenhaften Terrorangriff der Hamas auf Israel so oft gestellte Frage offen, wie anschließend eine Koexistenz von Israelis und Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen noch möglich sein soll.

Die blutigen Schlachten führen nicht nur zu einer humanitären Katastrophe für die Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen im Gazastreifen, sondern sie bergen auch für Israel die Gefahr, die Entführten zu treffen. Die internationale Stimmung, die anfangs vor allem angesichts des brutalen und in der Region bislang präzedenzlosen Terrors solidarisch mit Israel und Israels Recht auf Selbstverteidigung stand, kippt zusehends. Bei Demonstrationen und in den sozialen Medien wird immer öfter der Vorwurf des Genozids laut.

Rechtsextreme Fa­na­ti­ke­r:in­nen, die auch in der Regierung sitzen, heizen diese Stimmung zusätzlich an, wenn, wie geschehen, die Rede gar von einer Atombombe ist, mit der man Gaza ein für alle Mal auslöschen solle. Doch es sterben auch deshalb Tausende von Zivilist:innen, weil die Hamas die Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht und ihre Quartiere neben Kindergärten und unter Spitälern einrichtet. Und auch die Islamisten halten nicht mit Drohungen zurück.

So hat einer der Köpfe der Hamas vor wenigen Tagen geschworen, dass sie Angriffe wie den vom 7. Oktober wiederholen werde, bis Israel von der Landkarte verschwunden sei. Die israelische Regierung steckt in einem erdrückenden Dilemma: Wenn sie auf die Forderungen nach einem Waffenstillstand eingeht, akzeptiert sie, dass die Hamas weiter den Gazastreifen kontrolliert und von dort aus Israel bedroht. Wenn sie die Bombardements fortführt, macht sie sich bei allem Recht auf Selbstverteidigung weiterer Kriegsverbrechen schuldig und isoliert sich international.

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Jahrgang 1979, Auslandsredakteurin, zuvor von 2019 bis 2023 Korrespondentin für Israel und die palästinensischen Gebiete.

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