Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“ in Japan: „Atomwaffen sind nicht cool!“

Überall werden die gleichzeitigen Filmstarts von „Barbie“ und „Oppenheimer“ gefeiert. Nur in Japan kann darüber niemand so richtig lachen.

Die Filmplakate von "Barbie" und "Oppenheimer" an der Fassade eines Kinos

Kinowerbung in den USA: Viele JapanerInnen sind empört über den lässigen Begriff „Barbenheimer“ Foto: Chris Pizzello/ap

Während Kinofans auf der ganzen Welt den Doppel-Kassenerfolg der Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“ unter dem Motto „Barbenheimer“ feiern, sorgt die Kombination von Puppe und Atompilzen in Japan für Empörung, Kritik und Wut. Zumal die Jahrestage der Hiroshima- und Nagasaki-Atombomben bevorstehen, die Oppenheimer mit dem Manhattan-Projekt entwickelt hatte.

Die Menschen reagierten auf Internet-Memes und die positiven Reaktionen des Barbie-Studios Warner. Ein solches Meme zeigt Barbie-Darstellerin Margot Robbie auf den Schultern von Oppenheimer-Schauspieler Cillian Murphy vor dem dem orangefarbenen Inferno einer Atomexplosion. Warner reagierte darauf mit einem Kussmund und dem Satz „Es wird ein unvergesslicher Sommer werden“. Ein anderes Meme ersetzte Robbies Haare durch die Konturen eines Atompilzes, was Warner zu dem Kommentar „Dieser Ken ist ein Stylist“ veranlasste. Ken ist Barbies Freund.

Viele Japaner kommentierten diese Tweets mit dem Hashtag #NoBarbenheimer. „Atomwaffen sind nicht cool“, schrieb ein Nutzer. Andere luden Fotos von japanischen Opfern der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki hoch oder posteten jene Stelle des Zeichentrickfilms „Barfuß durch Hiroshima“, die schonungslos die Auswirkungen der Bomben auf Menschen zeigt. Andere nannten die Memes rücksichtslos, dumm und unverzeihlich und riefen zu einem Boykott des Films auf.

Auch Gegen-Memes entstanden, etwa eine Barbie-Version mit zerfetzter Gesichtshaut und abgeflämmten Haaren wie die echten Bomben­opfer. Alle großen TV-Sender griffen die Diskussion in den sozialen Medien auf und heizten sie mit ihren Berichten weiter an.

Die Warner-Filmfirma muss reagieren

Der US-Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, erntete harsche Kommentare für einen positiven Tweet zum Barbie-Film. „Ihr Post zu diesem Zeitpunkt wird vielen Japanern auf die Nerven gehen und sie in ihrem Entschluss bestärken, diesen Film niemals zu sehen“, kommentierte der User tsuredzure.

Der nationale Gefühlsausbruch veranlasste die Japan-Tochter von Warner zu einem öffentlichen Brief an ihre US-Konzernzentrale. Die Unterstützung für die Barbenheimer-Memes sei „höchst bedauerlich“; es müssten „angemessene Maßnahmen“ ergriffen werden. „Wir entschuldigen uns bei denjenigen, die sich durch die Reaktionen unwohl gefühlt haben“, schrieb Warner Japan. Daraufhin löschte das US-Studio seine Kommentare auf dem Twitterprofil des Barbie-Films.

Den Brief publizierte Warner Japan auf dem japanischen Twitter-Profil des Barbie-Films. Zugleich betonte das Filmstudio, Barbenheimer sei keine offizielle Aktivität von Warner gewesen. Der Tweet mit dem Brief hat bisher 40 Millionen Aufrufe und 60.000 Retweets. Viele ­Nutzer addierten den Hashtag „BarbieNoKen“, ein japanisches Wortspiel, das „Barbie-Vorfall“ bedeutet.

Die heftigen Reaktionen liefern einen weiteren Beweis dafür, wie tief die Narben von Hiroshima und Nagasaki in der Gesellschaft sitzen. Jedes Jahr im August strahlen TV-Sender neue Dokus über die Bombenangriffe aus. Die jährlichen Gedenkfeiern werden live übertragen. Millionen Kinder lesen und sehen Werke der Popkultur wie „Barfuß durch Hiroshima“, die die schrecklichen Auswirkungen der Bomben zeigen.

Die Empörung galt vor allem dem Filmstudio, weil es den Barbenheimer-Hype für kommerzielle Zwecke ausgenutzt hatte. „Für viele Japaner ist die Idee, Bilder der Atombombenabwürfe in einer Marketingkampagne zu verwenden, mehr als ein Fauxpas. Es ist ein Affront gegen eine ganze Nation“, schreibt Matt Alt, ein US-Buchautor, über Japans Popkultur.

Ein Tweet des Nutzers Karo brachte es auf den Punkt: „Es ist krank, dass die Macher von Barbie Atompilze benutzen, um ihren Film zu verkaufen. Kein noch so großes offizielles Dementi kann sie davon freisprechen.“

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Volontariat beim NDR. War Hörfunk-Korrespondent in Berlin während der deutschen Einheit. Danach fünf Jahre als Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi. Berichtet seit 2001 aus Tokio über Japan und beide Koreas.

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