Für den Medaillenspiegel!: Es muss um alles gehen

Italien hat die Florettdiven, Frankreich seine SchwimmerInnen. Die deutschen SportlerInnen sind bislang ziemlich erfolglos. Ist das schlimm? Nein, aber!

Nicht mal zorning: Gewichtheberin Julia Rohde ist ausgeschieden Bild: dapd

Natürlich grundsätzlich und fundamental und überhaupt: nein. Die Welt, auch die sportliche, ist größer geworden, der Anteil der Deutschen an der Medaillenausbeute muss geringer ausfallen als früher. Denn andere, vor allem asiatische, afrikanische und lateinamerikanische, nach Ruhm im Weltvergleich hungrige Länder konkurrieren nun mit um jenes Gold-Silber-Bronze, von dem Deutsche immer ausgingen, dass es ihnen überproportional zusteht.

So weit zum politisch nur zu Gerechten. Ja, die Welt ist größer geworden – andere AthletInnen, die es existenziell nötiger haben, eine Medaille zu gewinnen, tun das bislang eben eher als deutsche. Aber es turnt ab, ich möchte das nicht verhehlen. Es ist ja nicht so, dass alle reichen Länder so abschmieren wie die deutschen SportlerInnen. Italien hat seine Florettdiven, Frankreich seine SchwimmerInnen.

Warum ist es gerade in Deutschland so zur Kunst geronnen, Ausreden zu formulieren? Erkältung, Sehnenreizung oder ein lapidares „Weiß auch nicht“ – gerade die Deutschen schwelgen entweder im Heulsusischen oder im Schicksalhaften. Nirgendwo: Zorn darüber, eine gewisse Leistung nicht erreicht zu haben.

Die Idee des Sports wird diskreditiert

Das gibt am ehesten zu denken: Dass die AthletInnen in Schwarz-Rot-Gold es so klaglos hinzunehmen scheinen, dass sie entgegen der medialen und eigenen Erwartung nicht nur nicht gewinnen, sondern unter dem eigenen Leistungsvermögen bleiben. Es reicht ihnen offenbar, sich für London qualifiziert zu haben. Nein, es ist nicht schlimm zu verlieren. Öde ist es jedoch, wenn die Niederlage, die Nichtqualifikation einfach so hingenommen wird.

Denn so wird die Idee des Sports diskreditiert: dass man seinen Gegnern insofern Respekt zollt, als man sich selbst die beste Leistung abfordert. Es beleidigt den Kontrahenten, selbst nicht alles zu geben. Nach drei olympischen Tagen hat man das Gefühl, dass es gern Deutsche sind, die nach ihren Niederlagen erstaunt gucken: Ach, man kommt nicht ohne Leidenschaft durch den Wettkampf?

Medaillen können einem egal sein. Aber fällt es nicht auf, dass gerade in jenen Ländern die Plakettenzählerei gleichgültig gemacht wird, die nix gestemmt, geballert, gepflügt haben? Von wegen: Medaillenspiegel sei nicht mehr zeitgemäß (Sportphilosoph Gunter Gebauer). Man frage die Koreaner, Brasilianer oder Südafrikaner, ob sie das auch so sehen. Tun sie nicht. Die finden es geil, dass ihre SportlerInnen nicht abschmieren, sondern ums Letzte kämpfen.

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