Gehaltszulage bei freien Trägern: Falsche Versprechen

Der Senat bricht seine Zusage, auch den Beschäftigten der freien Träger eine Hauptstadtzulage zu zahlen. Dort ist man richtig sauer.

Das Bild zeigt Kai Wegner (CDU) bei einem Kita-Besuch

Geschenke nur für Landesbeschäftigte: Kai Wegner (CDU) auf Besuch in einem Kita-Eigenbetrieb des Landes Berlin Foto: Funke Foto Services/imago

BERLIN taz | Die Laune bei den Beschäftigten der freien Träger ist im Keller, seitdem die versprochene Hauptstadtzulage in Höhe von 150 Euro im Monat kassiert wurde. „So einen Unmut habe ich in all meinen Jahren bei der AWO noch nicht erlebt“, sagt Markus Galle, Sprecher der Arbeiterwohlfahrt, zur taz. Von einem „Schlag ins Gesicht“ spricht die Chefin der Volkssolidarität, Susanne Buss. Die Gewerkschaft Verdi beklagt einen „Vertrauensbruch“, der die Beschäftigten spalte, die für die öffentliche Hand tätig sind.

Der Ärger kommt nicht von ungefähr. Noch im Dezember hatte das Haus von Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) betont, dass die kurz zuvor ausgehandelte Hauptstadtzulage im neuen Tarifvertrag der Länder nicht nur für die Beschäftigten des Landes Berlin, sondern auch für die Mit­ar­bei­te­r:in­nen der freien Träger gilt. Eine Zusage, die sich nun mit einem Schreiben der CDU-geführten Finanzverwaltung in Luft aufgelöst hat.

Finanzstaatssekretärin Tanja Mildenberger informierte darin die Be­zirks­bür­ger­meis­te­r:in­nen und die anderen Senatsverwaltungen darüber, dass die Hauptstadtzulage selbstverständlich nur für Landesbeschäftigte gelte. Das Personal „der zuwendungsempfangenden und entgeltfinanzierten Träger“ sei hingegen von dem 150-Euro-Bonus auszunehmen.

Betroffen von der aktuellen Kehrtwende sind mehrere Zehntausend Beschäftigte in den Bereichen Kinder-, Jugend-, Bildungs-, Kultur- und Sozialarbeit. Dass der Vertrauensverlust hier jetzt immens sei, liege auf der Hand, sagt Markus Galle von der AWO: „Man kann die Hauptstadtzulage doch nicht erst zusagen und dann aus heiterem Himmel zurücknehmen.“

Kritik an dauerhafter Ungleichbehandlung

Letztlich zeige sich auch hier die dauerhafte Ungleichbehandlung von freien Trägern und staatlichen Institutionen, kritisiert auch die Leiterin des Kultur-Netzwerks Berlin Mondiale, Sabine Kroner. „Obwohl wir die gleiche Arbeit leisten, sind wir schlechter gestellt“, sagt Kroner zur taz. Coronazuschläge, Inflations-Ausgleichszahlungen oder nun eben die Hauptstadtzulage: Viel zu häufig hätten freie Träger das Nachsehen.

Das Problem sei ein generelles und die Folgen gravierend, so Kroner: „Wenn ich diese Zahlungen nicht anbieten kann, bin ich nicht wettbewerbsfähig und verliere meine Mitarbeiter:innen.“

Markus Galle von der AWO sieht das genauso. In Zeiten des Fachkräftemangels sei es höchst problematisch, wenn man etwa als Kita-Erzieher:in in den kommunalen Eigenbetrieben mehr verdiene als bei freien Trägern, die ja schließlich vom Land beauftragt sind. „Während der Senat seine Mitarbeiter gut bezahlt, schauen wir in die Röhre“, sagt Galle. Was die Hauptstadtzulage betrifft, hofft er, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Tatsächlich bestätigt Aziz Bozkurt (SPD), der zuständige Staatssekretär von Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, dass er von der Entscheidung der Finanzverwaltung nicht nur schwer „irritiert“ sei. Auch stellt er auf taz-Nachfrage klar: „Wir haben Gesprächsbedarf und wollen im Senat die Hintergründe für diese Entscheidung erfahren.“

Gegenwind ist programmiert

Allzu viel sollten sich die Beschäftigten der freien Träger davon nicht versprechen, heißt es zugleich aus der schwarz-roten Koalition. „Das ist absolut bitter und ein Vertrauensbruch“, sagt etwa Sven Meyer, der arbeitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, zur taz. Aber angesichts der aktuellen Haushaltslage mit den angekündigten Einsparvorgaben in Milliardenhöhe sehe er kaum Chancen, dass die Finanzverwaltung ihr Nein zur Hauptstadtzulage zurücknimmt.

Der Gegenwind seitens der freien Träger dürfte programmiert sein. „Wir werden diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen“, sagt Volkssolidaritäts-Chefin Susanne Buss. Es sei an der Zeit, „für das einzustehen, was uns zusteht“.

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